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Sozialarbeit mit Arztkoffer

VON JÖRG BIALLAS

05.12.2011
2023-08-30T12:16:54.7200Z
2 Min

Was bleibt, ist die Einsamkeit. Besonders auf dem Land, besonders für ältere Menschen. Längst ist es auch dort nicht mehr selbstverständlich, dass sich die Kinder um die Altvordern kümmern. Schon deshalb, weil die Nachgeborenen in die Städte gezogen sind, der Arbeit hinterher.

Den Alten bleibt nur, sich allein in einer Welt zurechtzufinden, die immer trostloser wird. Kein Supermarkt mehr im Ort. Die Postfiliale längst geschlossen. Der Dorfgasthof pleite. Das kirchliche Gemeindezentrum oder die Senioren-Begegnungsstätte mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht zu erreichen.

Dann macht auch noch der Landarzt seine Praxis dicht. Für viele geht damit die letzte Vertrauensperson, der letzte Gesprächspartner. Vielleicht wiegt dieses Problem sogar schwerer als das medizinische Risiko, das eintritt, wenn sich eine flächendeckende ärztliche Versorgung zunehmend auflöst.

Gut also, dass sich der Gesetzgeber dieses Problems annimmt. Viele sagen, das geschehe spät. Andere sogar: zu spät. Wie so oft ist das eine Frage der Perspektive. Fest steht: Es ist hohe Zeit, per Gesetz Anreize zu schaffen, die Medizinern das berufliche Landleben schmackhaft machen. Zu wünschen ist, dass die Effektivität der neuen Maßnahmen die verbreitet vorhandene Skepsis Lügen straft.

Gerade weil die demographische Entwicklung auf dem Land den Altersschnitt der Bevölkerung so unbarmherzig nach oben treibt, macht den ärztlichen Dienst dort weit mehr aus als das Messen des Blutdrucks oder das Verschreiben von Medikamenten. Ärzte sind dazu da, gesundheitliche Sicherheit zu vermitteln und ein offenes Ohr für die Nöte ihrer Patienten zu haben. Gute medizinische Versorgung ist deshalb auch immer gute Sozialarbeit.

Natürlich nicht ausschließlich für Senioren. Ein Arzt vor Ort ist ein Infrastrukturfaktor, der ebenso für junge Familien mit Kindern erheblich ist und das Leben außerhalb der Ballungsräume attraktiver macht. Im besten Fall kann ein effektives Landarzt-Modell also helfen, die wachsende Entvölkerung und die damit fast überall einhergehende Überalterung wenigstens zu verzögern.

Damit ist der Landarzt ein wichtiger Baustein zur Zukunftssicherung in ländlichen Regionen. Und weit mehr als nur ein Mittel gegen die Einsamkeit der alten Menschen.