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Parlamentarisches Profil : Der "Chef-Mittelständler": Christian von Stetten

02.07.2012
2023-08-30T12:17:34.7200Z
3 Min

Christian Freiherr von Stetten ist hin- und hergerissen. "Das ist alles eine sehr schwierige Entscheidung. Ich möchte die Kanzlerin unterstützen, muss das aber ganz persönlich entscheiden." Der CDU-Bundestagsabgeordnete schwankte Mitte vergangener Woche noch, wie er am Freitag zum permanenten Euro-Rettungsschirm ESM abstimmen soll. Erst, wenn es nach dem Brüsseler Gipfel Klarheit gebe, ob noch einige deutsche Wünsche zum Gouverneursrat der neuen Einrichtung durchsetzbar waren, könne er entscheiden. Am Freitag Abend entschied sich von Stetten dann - gegen das Gesetz zum ESM. Dagegen hatte er mit dem Fiskalpakt keine Probleme.

Der junge schwäbische Abgeordnete (Jahrgang 1970), seit gut einem halben Jahr Chef des einflussreichen Parlamentskreises Mittelstand (PKM) der Unionsfraktion, war vergangene Woche ein vielgefragter Mann vor den Abstimmungen zu ESM und Fiskalpakt im Bundestag. Auch deshalb, weil von Stetten gegen das zweite Hilfspaket für Griechenland im Februar 2012 mit einem Dutzend anderer Rebellen in der Fraktion votiert hatte. Der langjährige Firmenchef macht keinen Hehl daraus, dass er - obwohl Anhänger der Gemeinschaftswährung - wie viele Mittelständler wenig glücklich ist über die Euro-Rettungspolitik. Er hat Verständnis für die Sorgen kleiner Unternehmer, "dass an ihnen alles hängen bleiben kann".

Kann der Euroraum zerbrechen, kann es eine Rückkehr zur D-Mark geben? Das hält von Stetten für ausgeschlossen. "Das ein oder andere Land könnte aber eines Tages den Euro verlassen", sagt er und erwähnt Griechenland als ersten Kandidaten.

Die Wahl im November 2011 zum Nachfolger von Michael Fuchs als Vorsitzender des PKM, mit 145 Mitgliedern größte Organisationseinheit der CDU/CSU-Fraktion, hat der Karriere des 41-Jährigen einen neuen Schub gegeben. Erstmals lud von Stetten vergangene Woche ein zum traditionellen PKM-Sommerfest im Garten des Kronprinzenpalais´ - ein voller Erfolg mit 2000 Gästen, Kanzlerin und schönem Wetter. Das Engagement als "Chef-Mittelständler" der Fraktion sieht von Stetten als konsequente Station seiner bisherigen politischen Tätigkeit. Seit 2002 sitzt er als direkt gewählter Abgeordneter des Wahlkreises Schwäbisch Hall - Hohenlohe im Bundestag und im Finanzausschuss. Unermüdlich engagiert er sich hier als langjähriger mittelstandspolitischer Fraktionssprecher für die mittelständische Wirtschaft: "Das Steuersystem muss vereinfacht werden", ist sein Mantra. Da müsse die Koalition bis zum Ende der Wahlperiode noch einiges umsetzen.

Schon als 24-jähriger Student machte er sich als Existenzgründer im heimatlichen Künzelsau selbstständig und gründete 1996 sein erstes Unternehmen. Heute ist der Diplom-Betriebswirt Aufsichtsratschef mehrerer Familienbetriebe mit breitem Spektrum von Bau, Hotel bis Betreutes Wohnen. Hier, betont Christian von Stetten, liege auch die Wurzel seines CDU-Engagements schon in jungen Jahren - für eine "Partei mit den richtigen ordnungspolitischen Grundsätzen für freies Unternehmertum".

Allerdings wurde das politische Wirken dem Adligen auch in die Wiege gelegt: Sein Vater Wolfgang Freiherr von Stetten vertrat von 1990 bis 2002 den Wahlkreis für die CDU im Bundestag. Auch Sohn Christian ist ganz im Hohenlohischen im Nordosten Baden-Württembergs verwurzelt. Der Nachfahre eines uralten Adelsgeschlechts wohnt seit Geburt in der kleinen Höhenburg über der Ortschaft Schloss Stetten. Auch um die ferne Bundespolitik in Bezug zur Realität vor Ort zu halten, hält der Freiherr an seinen Mandaten im Stadtrat von Künzelsau und im Kreistag des Hohenlohekreises fest.

Sein leidenschaftliches Hobby ist Fußball, aber dafür habe er "viel zu wenig Zeit", bedauert Christian von Stetten. Er versteht es, sich zu inszenieren: Vergangene Woche gingen Berichte durch die Presse, wonach der Rapper Bushido ein Praktikum bei dem CDU-Mann absolviert. Und 2003 wurde der schlanke Mann mit dem dunklen, gewellten Haar, von dem es Bilder mit hautengem Taucheranzug und als mutiger Snowboarder gibt, bei einer Umfrage als "Mr. Bundestag" zum schönsten Mann des Parlaments gewählt. Die vielen Verehrerinnen muss der Junggeselle aber demnächst enttäuschen: Am Ledigenstatus werde sich bis zur nächsten Bundestagswahl "etwas ändern", kündigt Christian von Stetten an.