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Zeitpunkt verpasst

17.09.2012
2023-08-30T12:17:37.7200Z
2 Min

Volksabstimmung" - das klingt gut. Das klingt nach echter Demokratie. Endlich sollen die Bürger sprechen, nicht die Berufspolitiker. Doch was gut klingt, muss nicht gut sein. Denn worüber würde eigentlich abgestimmt? Über die EU? Über den Verbleib im Euro? Oder nur über so konkrete Maßnahmen wie den Rettungsschirm ESM, die Bankenunion oder eine gemeinsame Steuerpolitik in Brüssel?

Wie schwer es ist, eine Frage zu finden, die sich für eine Volksabstimmung über Europa eignet, zeigte sich in Griechenland. Der ehemalige Premier Giorgos Papandreou schlug vor, die Bürger zum Euro zu befragen, doch die meisten Griechen lehnten dies ab. Sie wollten nämlich unbedingt im Euro-Verbund bleiben - aber nicht die damit verbundenen Sparauflagen akzeptieren. Also fürchteten sie, dass eine Volksbefragung nur den Geberländern dienen würde. Was wie direkte Demokratie aussah, wurde als Knebelinstrument empfunden. Die Volksabstimmung fiel aus.

Dieses Problem würde sich auch in Deutschland stellen. Die meisten Bundesbürger ahnen, dass eine Rückkehr zur D-Mark teuer würde. Sie wollen im Euro-Verbund bleiben - finden aber einzelne Rettungsmaßnahmen problematisch. Auch hier könnte schnell der Eindruck entstehen, dass eine Volksbefragung letztlich nur dazu dienen soll, den politischen Widerstand gegen Instrumente wie den Fiskalpakt oder den ESM abzuwürgen.

Anders gesagt: Der Zeitpunkt für eine Volksabstimmung wurde verpasst. Als es die D-Mark noch gab, hätte man mühelos darüber abstimmen können, ob der Euro eingeführt wird. Doch inzwischen hat die Gemeinschaftswährung eine komplexe neue Realität geschaffen, die sich nicht mehr mit einer simplen Frage fassen lässt.