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Vom ältesten Regierungschef zur ersten Kanzlerin

RÜCKBLICK Ein Streifzug durch insgesamt 17 Bundestagswahlen seit 1949

16.09.2013
2023-08-30T12:24:04.7200Z
4 Min

Die Bundestagswahl 2009 ist nicht nur diejenige mit der niedrigsten Wahlbeteiligung (70,8 Prozent) gewesen, sondern hat noch für weitere Rekordergebnisse gesorgt. Der SPD bescherte sie mit 23,0 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis seit Bestehen der Bundesrepublik und der Union mit 33,8 Prozent ihr zweitschlechtestes. Im Gegenzug durften sich FDP, Die Linke und Bündnis90/Die Grünen, mit 14,6 Prozent, 11,9 Prozent und 10,7 Prozent, über historische Höchstwerte freuen. Im Ergebnis kam es indes zu einer den Bundesbürgern vertrauten Koalition - schließlich hatte die Union insgesamt schon 29 Jahre gemeinsam mit der FDP die Republik regiert, wenn auch anfangs noch mit weiteren Partnern.

Eine Stimme Mehrheit

Dabei fühlten sich bei der ersten Bundestagswahl 1949 manche an die Parteienzersplitterung der Weimarer Republik erinnert: Neben der CDU/CSU mit 31,0 Prozent, der SPD mit 29,2 Prozent und der FDP mit 11,9 Prozent hatten die Wähler Abgeordnete von sieben weiteren Parteien in das Parlament entsandt, von der - 1956 verbotenen - KPD bis zur "Deutschen Konservativen Partei - Deutschen Rechtspartei". Das lag auch am "Wahlgesetz zum ersten Bundestag". Darin war zwar eine Fünf-Prozent-Hürde für den Einzug in die Volksvertretung festgelegt, doch musste sie nur in einem Bundesland übersprungen werden. Nach der Wahl setzte dann Konrad Adenauer (CDU), zuletzt Präsident des Parlamentarischen Rates, statt einer möglichen großen Koalition mit der SPD ein Regierungsbündnis mit der FDP und der "Deutschen Partei" (DP) durch; mit nur einer Stimme Mehrheit wurde er am 15. September 1949 zum "Gründungskanzler" gewählt.

Bei der zweiten Bundestagswahl 1953, bei der es erstmals Erst- und Zweitstimmen gab, war die Fünf-Prozent-Hürde verschärft. Es mussten nun mindestens fünf Prozent aller bundesweit abgegebenen Zweitstimmen oder - wie 1949 - mindestens ein Direktmandat errungen werden, um entsprechend dem Zweitstimmenergebnis ins Parlament einzuziehen.

Die Union verbesserte sich bei der Wahl 1953 auf 45,2 Prozent und bildete eine Koalition mit FDP, DP und dem "Gesamtdeutschen Block/Block der Heimatvertriebenen und Entrechteten". Dieser hatte 5,9 Prozent der Stimmen geholt, während die DP und das Zentrum (3,3 beziehungsweise 0,8 Prozent) nach Wahlabsprachen mit der Union in den Bundestag gelangten.

Als die DP vier Jahre später nochmals aufgrund solcher Absprachen neben Union, SPD und FDP ins Parlament einzog, galt bereits ein neues Bundeswahlgesetz, das sich nicht wie seine Vorgänger auf nur jeweils eine Wahl bezog, sondern allgemein galt. Mit dem Gesetz wurde die zur Umgehung der Fünf-Prozent-Hürde notwendige Zahl an Direktmandaten auf drei angehoben.

Bei der Bundestagswahl 1957, bei der erstmals auch die Saarländer abstimmten, erreichte die Union mit 50,2 Prozent die absolute Mehrheit - einmalig in der Bundestagsgeschichte. Nach der folgenden Wahl von 1961 waren Union, SPD und FDP im Bundestag unter sich - und blieben das bis 1983.

Nachdem die Union die absolute Mehrheit 1961 einbüßte, machte die FDP eine Koalition vom Rücktritt Adenauers während der neuen Legislaturperiode abhängig. 1963 löste den damals 87-Jährigen sein Wirtschaftsminister Ludwig Erhard als Kanzler ab, unter dem die Union bei der Wahl 1965 wieder Stimmengewinne verbuchte. Die fortgesetzte Koalition mit der FDP zerbrach indes im Folgejahr, und es kam ohne neues Wählervotum von 1966 bis 1969 zur großen Koalition unter Kanzler Kurt Georg Kiesinger (CDU), der damals - wie auch sein Vize Willy Brandt (SPD) - kein Bundestagsmandat hatte.

Brandt konnte nach zwei vergeblichen Kanzlerkandidaturen den CDU-Regierungschef nach der Wahl 1969 ablösen. Zwar war die Union mit 46,1 Prozent erneut stärkste Kraft geworden, doch bildeten SPD und FDP nun die sozialliberale Koalition. Sie wurde bei der vorgezogenen Bundestagswahl von 1972, bei der erstmals das aktive Wahlalter von 21 auf 18 Jahre gesenkt war, bestätigt, die SPD überrundete die Union als stärkste Fraktion. Zugleich wurde die höchste bislang bei Bundestagswahlen erreichte Wahlbeteiligung verzeichnet. Hatte sie 1949 bei 78,5 Prozent gelegen und danach um die 87 Prozent gependelt, betrug sie nun 91,1 Prozent. 1976 sackte sie nur leicht ab, als sich die SPD/FDP-Koalition unter Brandt-Nachfolger Helmut Schmidt erneut gegen die Union durchsetzte, die indes wieder stärkste Fraktion wurde. Auch 1980 fand sich eine Mehrheit für die sozialliberale Koalition, doch wurde Schmidt im Herbst 1982 durch ein konstruktives Misstrauensvotum gestürzt.

Nach vorzeitiger Parlamentsauflösung wurde die neue Koalition von Union und FPD unter Helmut Kohl (CDU) im März 1982 bestätigt, ebenso wie 1987, 1990 und 1994: Mit 16 Jahren brachte es Kohl auf die längste Amtszeit aller Bundeskanzler.

Bei der Wahl 1983 gelangte mit den Grünen erstmals seit 30 Jahren eine neue Partei ins Parlament. Im Gegensatz zu 1987 verpassten sie bei der ersten gesamtdeutschen Wahl 1990 im Westen den Wiedereinzug, während in den neuen Ländern die Listenverbindung Bündnis 90/Die Grünen die in Ost und West damals separate Fünf-Prozent-Hürde nahm und als Bundestagsgruppe ins Parlament kam. Auch die PDS zog 1990 in Gruppenstärke in den Bundestag ein, ebenso 1994, als sie unter fünf Prozent blieb, aber vier Direktmandate holte, während die nun vereinigten Ost- und West-Grünen wieder in Fraktionsstärke auftraten.

Das gelang der PDS erst 1998, als die SPD wieder stärkste Kraft wurde und die rot-grüne Koalition unter Gerhard Schröder (SPD) einging. Bei deren Bestätigung 2002 blieben für die PDS dagegen nur zwei Direktmandate. Als Linkspartei kam sie dann bei der vorgezogenen Neuwahl 2005 erneut auf Fraktionsstärke, wobei die Wahlbeteiligung mit 77,7 Prozent den bisherigen Tiefstwert von 77,8 Prozent im Jahr 1990 unterbot. Die Union wurde knapp vor der SPD größte Fraktion und stellte nun in der zweiten großen Koalition mit Angela Merkel (CDU) die erste Frau an der Regierungsspitze. Seit der Bundestagswahl 2009 hat sie die Zahl schwarz-gelber Regierungsjahre um weitere vier auf nunmehr 33 erhöht.