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Tradition verpflichtet

VON JÖRG BIALLAS

04.11.2013
2023-08-30T12:24:07.7200Z
2 Min

Der Schock sitzt bei Mitgliedern und Funktionsträgern tief. Sechs Wochen nach dem Ausscheiden der FDP aus der Bundespolitik sind in weiten Teilen der Partei Frust und Ratlosigkeit noch immer deutlicher spürbar als Zuversicht und Entschlossenheit, die historische Zäsur nicht zu einem dauerhaften Bruch werden zu lassen.

Der erste Deutsche Bundestag ohne Freie Demokraten bietet bei aller Wehmut ihrer Anhänger (und übrigens auch mancher, die auf einmal ihre Solidarität, gar Sympathie entdecken) Anlass, sehr grundsätzlich über den institutionalisierten Liberalismus nachzudenken. Wie wird sich unsere Parteienlandschaft jetzt inhaltlich verändern? Bieten Konkurrenzorganisationen ausreichend programmatische Kompensation? Welche freiheitliche Tradition könnte verloren gehen? Gibt es eine Chance auf ein Comeback für eine liberale Partei?

"Das Parlament" will mit dieser Ausgabe dazu beitragen, solche Fragen zu debattieren. Und zwar jenseits der mitunter deutlich spürbaren Häme über den Fall der FDP in die, zumindest einstweilige, bundespolitische Bedeutungslosigkeit.

Die Bevölkerung ist da nämlich ganz offenkundig weniger skeptisch, als das Wahlergebnis vermuten lässt. Einer Nachwahl-Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach zufolge glauben 27 Prozent der Befragten, Deutschland brauche eine politische Organisation, die dem Liberalismus Heimat bietet. Und immerhin noch 19 Prozent geben an, diese Heimat kann aus ihrer Sicht die FDP sein.

Ob diese für die Partei ermutigenden Ergebnisse freilich wegen oder trotz des liberalen Auftritts in den vergangenen vier Jahre zustande gekommen sind, dürfte eine Frage der Interpretation sein.

Freie Bürger, ein starker Mittelstand, marktwirtschaftliche Prinzipien, konsequenterer Datenschutz oder weniger Bürokratie sind Schlagworte, die nach wie vor bei der FDP verortet werden. Gleichwohl finden sich diese Punkte, unterschiedlich ausgeprägt, auch in anderen Parteiprogrammen.

Welche Zukunft die Freien Demokraten also haben werden, wird entscheidend davon abhängen, ob es gelingt, den Liberalismus in seiner Tradition und historischen Dimension wieder so zu bündeln, dass er als Gesamtpaket überzeugende Perspektiven bietet. Kein leichtes Unterfangen, aber auch nicht unmöglich. Oder?