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Der Teamplayer: Reinhard Bütikofer

28.04.2014
2023-08-30T12:26:13.7200Z
3 Min

Die Begeisterung für Europa sei keine Nuance geringer geworden, sagt Reinhard Bütikofer am Ende seines ersten Mandats als Europaabgeordneter: "Die Erwartung, dass ich im EU-Parlament konkrete Dinge in Bewegung bringen kann, hat nicht getrogen." Dass die EU heute im Rahmen einer "Innovationspartnerschaft" ein "Kompetenznetzwerk" von Wissenschaftlern zum Thema Seltene Erden zusammenbringe - das sei ein konkretes Ergebnis seiner politischen Arbeit im Europäischen Parlament (EP). Bütikofer ist angekommen im Maschinenraum der EU.

Fraglich ist allerdings, ob die Grünen auch ein Wörtchen mitzureden haben, wenn voraussichtlich im Juli das EP erstmalig aus einem Kreis von Spitzenkandidaten der europäischen Parteienzusammenschlüsse den nächsten Kommissionspräsidenten zu wählen versucht. Zwar müht sich der Spitzenkandidat der europäischen Sozialdemokraten, Martin Schulz (SPD), seit Monaten händeringend, Vorabsprachen auch für eine Mitte-Links-Mehrheit für sich und gegen den Spitzenkandidaten der Europäischen Volkspartei (EVP) Jean-Claude Juncker zu treffen. "Wenn Schulz unsere Stimmen haben will, dann wird er mit uns über politische Inhalte reden müssen", sagt Bütikofer. Nur sein Trittbrett wolle er nicht sein.

Doch wahrscheinlicher scheint, dass es auch bei dieser und den anstehenden anderen wichtigen EU-Personalentscheidungen zu einem ‚Deal' kommt: also einer hinter geschlossenen Türen getroffenen Vereinbarung einer großen Koalition aus der EVP, den Sozialdemokraten und möglicherweise den Liberalen mit den im Europäischen Rat versammelten Staats- und Regierungschefs der 28 EU-Mitgliedstaaten. Geboten scheint der Brüsseler Machtelite auch ein Bollwerk: gegen die erwartete Zunahme von EP-Abgeordneten, die erheblich weniger Europa oder eine grundlegend andere Ausrichtung der Gemeinschaftspolitik fordern.

Eines ist gewiss für Reinhard Bütikofer: Auch nach den Wahlen am 25. Mai wird er für weitere fünf Jahre einer der dann 96 deutschen von insgesamt 751 EU-Abgeordneten sein. 2009 wurde der am längsten amtierende Vorsitzende der Partei Bündnis 90/Die Grünen gleich zum Sprecher der Europagruppe der deutschen Grünen in der Grünen/EFA-Fraktion gewählt.

Der Realpolitiker warf sich in die Sacharbeit grüner Wirtschaftspolitik und kämpfte gegen den aktuellen Trend, Ökonomie und Ökologie wieder als Gegensatz zu betrachten. Seit 2012 müht er sich als Ko-Vorsitzender (mit Monica Frassoni) der Europäischen Grünen Partei, die 36 grünen Parteien aus 33 europäischen Ländern zusammenzuführen.

Ein Amt, das es für Bütikofer offenbar ausschließt, auch noch etwa den Fraktionsvorsitz in Straßburg, anzustreben. Der weltläufige, weithin geschätzte und perfekt Englisch sprechende Vollblutpolitiker hat das Format für politische Spitzenämter.

Der jüngste Europaparteitag hat gezeigt, dass auch bei den Europa-Grünen ein Generationswechsel ansteht. Kometenhafte Aufsteiger wie Sven Giegold, Ska Keller und Jan Philipp Albrecht setzen die Etablierten unter Druck, ihre Ansprüche auf Spitzenposten neu zu begründen. Dies wurde deutlich, als Anfang dieses Jahres überraschenderweise die Brandenburgerin Ska Keller bei einer europaweiten Onlineabstimmung zur europäischen Spitzenkandidatin gekürt wurde. Und nicht etwa die eigentlich von den Parteioberen gesetzte Grünen-Fraktionsvorsitzende Rebecca Harms.

Bütikofer ist ein alter Hase im Politikgeschäft. Und ein Teamplayer. Um eine Kampfabstimmung um die beiden vorderen Listenplätze zu vermeiden, gab er sich mit Platz vier zufrieden und überließ den zweiten "Spitzenkandidaten"-Platz Ex-Attac-Funktionär Giegold.

Widmen will sich Bütikofer auch in den kommenden fünf Jahren der Industriepolitik. Zudem will er bei den EU-Verhandlungen über ein transatlantisches Freihandelsabkommen mitreden. Ferner wolle er "Akzente in der Außenpolitik - vor allem gegenüber China und den ASEAN-Ländern - setzen". Er sei stolz. zu der Generation zu gehören, die die Grünen mit aufgebaut haben und glaube für deren Ziele noch etwas leisten zu können, sagt Bütikofer.