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Fairness in der Lieferkette

Disput zur Unternehmensverantwortung

Die Frage, ob Regeln zur Unternehmensverantwortung verbindlich festgeschrieben werden oder aber auf Freiwilligkeit beruhen sollen, ist unter Experten umstritten. In einer Anhörung des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ging es vergangene Woche um Transparenz und Offenlegungspflichten entlang globaler Lieferketten und auch um Haftungsfragen sowie Klage- und Sanktionsmöglichkeiten gegen Unternehmen, denen – wenn auch vermittelt über eine lange Zuliefererkette – die Verletzung von Menschenrechten vorgeworfen wird.

Ein Teil der Sachverständigen sah das Problem, dass kleine und mittlere Unternehmen womöglich gar nicht in der Lage seien, sich für ihre Produkte bis zum letzten Glied der Wertschöpfungskette zu verbürgen. Demgegenüber wies der andere Teil der Experten darauf hin, dass freiwillige Selbstverpflichtungen bisher kaum oder gar nicht dazu beigetragen hätten, Katastrophen wie den Einsturz der Textilfabrik in Sabhar in Bangladesch im Jahre 2013 mit mehr als tausend Toten zu verhindern.

Konfliktmineralien Matthias Wachter vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) meldete Zweifel der Umsetzbarkeit an und bezog sich dabei auf Artikel 1502 des sogenannten Dodd-Frank Act von 2010, der an US-Börsen notierten Unternehmen auferlegt, eine etwaige Nutzung von „Konfliktmineralien“ aus dem Gebiet der Großen Seen in Afrika anzuzeigen. Nur ein knappes Viertel der in den USA berichtenden Unternehmen sei überhaupt in der Lage, eine solche „Konfliktfreiheit“ zu erklären, sagte Wachter.

Bischof Fridolin Ambongo Besungu aus der Demokratischen Republik Kongo beharrte hingegen darauf, dass nur verbindliche Regelungen dieses Ziel erreichen könnten: „Der Dodd-Frank Act ist gut, wir wissen, dass dieses Gesetz wirkt“, sagte Besungu.

Regulierung Auch Michael Reckordt (Verein „PowerShift“ sowie Netzwerk „AK Rohstoffe“) sprach sich für stärkere Regulierung aus. Fehlende Rahmenbedingungen würden es gerade jenen Unternehmen schwer machen, die bereit seien, Standards zu folgen. Demgegenüber meldete der Rechtsanwalt Joachim Jütte-Overmeyer Zweifel an, ob es möglich sei, die Beachtung von Menschenrechten in globalen Lieferketten gesetzlich zu erzwingen. Wenn man Unternehmen zu „Mithütern der Menschenrechte“ mache, lege man diesen Pflichten auf, „die originär den Staat mit seinen Exekutivmöglichkeiten treffen“.

Frank Zach vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) sagte, dass die Katastrophe von Sabhar das Ergebnis „kompletten staatlichen Versagens“ aber eben auch Ergebnis „mangelnder Sorgfaltspflichten von Unternehmen“ sei.

Miriam Saage-Maaß (European Center for Constitutional and Human Rights, ECCHR) wies darauf hin, dass das bestehende Zivil-und Strafrecht in Deutschland zwar Möglichkeiten biete, Unternehmen in Haftung zu nehmen: „Diese Mechanismen sind aber nicht sehr effektiv.“ So fehle Betroffenen etwa die Möglichkeit zu Gruppenklagen.

Der Rechtsanwalt Robert Grabosch lenkte den Blick unter anderem auf eine gewisse Rechtsunsicherheit für die Verantwortlichen in Unternehmen: Sie seien dem Legalitätsprinzip verpflichtet, anderseits sei nicht immer klar, was die Gesetze konkret verlangen. So finde sich im Bürgerlichen Gesetzbuch nur ein Satz zur Sorgfaltspflicht.

Aus Politik und Zeitgeschichte

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