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Nachtragsetat
Michael Klein
Löcher stopfen

Die Ausgaben des Bundes sollen in diesem Jahr um 3,5 Milliarden Euro steigen. Mehr Geld für Städte und Gemeinden

Vielen Kommunen geht es schlecht: Auf den Straßen folgt ein Schlagloch dem anderen, in den Schulen bröckelt der Putz von den Wänden und Hallenbäder, Turnhallen und Stadttheater müssen geschlossen werden. Überall fehlt das Geld. Dem will die Bundesregierung nun Abhilfe verschaffen und die Städte und Gemeinden in den kommenden Jahren finanziell unterstützen. Geld soll es dabei geben, sowohl für Investitionen als auch für die Unterbringung von Asylbewerbern. Dazu hat die Bundesregierung ein Gesetzespaket erarbeitet, das der Bundestag vergangenen Donnerstag erstmals beraten hat.

Zum Paket gehört einerseits ein Gesetzentwurf (18/4653, neu) zur Einrichtung eines Sondervermögens „Kommunalinvestitionsförderungsfonds“ in Höhe von 3,5 Milliarden Euro. Für die Unterbringung von Asylbewerbern will die Regierung zudem in diesem und im nächsten Jahr die Städte und Gemeinden mit jeweils 500 Millionen Euro unterstützen.

Um diese Mehrausgaben zu finanzieren, ist andererseits ein Nachtragshaushalt notwendig. Danach steigen die Ausgaben des Bundes 2015 um 3,5 Milliarden Euro auf 302,6 Milliarden Euro. Im Gesetzentwurf (18/4600) ist auch festgelegt, in welche konkreten Projekte sieben Milliarden Euro des angekündigten Zehn-Milliarden-Euro-Investitionspakets in den Jahren 2016 bis 2018 gehen sollen. Der größte Teil mit 4,35 Milliarden Euro soll dabei in die Verkehrsinfrastruktur und die digitale Infrastruktur fließen. 1,19 Milliarden Euro sind für den Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz reserviert und weitere 300 Millionen Euro sollen für den Hochwasserschutz ausgegeben werden. Auch davon werden die Kommunen profitieren.

Keine neue Schulden Neue Schulden sollen trotzdem nicht gemacht werden, da die Steuereinnahmen höher ausfallen sollen als bisher erwartet. Es bleibt also bei der „Schwarzen Null“. Für Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) setzt die Bundesregierung mit ihren Initiativen die Politik für nachhaltiges Wachstum fort. Es gehe darum, konsequent die Finanzkraft gerade auch der schwächeren Kommunen zu stärken.

Für den stellvertretenden Vorsitzenden der Fraktion Die Linke, Dietmar Bartsch, ist die „Grundrichtung nicht verkehrt“. Allerdings sei der Nachtragsetat völlig unzureichend. Deutschland müsse insgesamt mehr investieren, die Lage der Kommunen sei teilweise „desolat“. Die Infrastruktur würde zerfallen, der Investitionsbedarf werde mit
75 Milliarden Euro pro Jahr beziffert. „Was sie anbieten, ist völlig unzureichend“, sagte er. Die Probleme der Länder und Gemeinden würden durch den Nachtragshaushalt in keinster Weise gelöst. Dies gelte auch für die Aufnahme von Flüchtlingen. „Wir sollten dabei eine Führungsrolle in Europa einnehmen“, betonte Bartsch. Deshalb forderte seine Fraktion, den Kommunen dafür insgesamt zwei Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen.

„Die Menschen können sich auf unsere Finanzpolitik verlassen“, sagte Carsten Schneider, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion. Durch die solide Finanzpolitik der Koalition gebe es nun Spielräume, die – wie versprochen – für Investitionen genutzt würden. Das Zehn-Milliarden-Euro-Investitionspaket und die zusätzlichen 3,5 Milliarden Euro für die Kommunen würden dazu beitragen, die Investitionslücke zu schließen. „Investitionen sind notwendig, um den Wohlstand auch in der Zukunft zu sichern“, betonte er. Die Aufnahme der Flüchtlinge sei eine nationale Aufgabe, die die Kommunen alleine überfordern würde.

Auch der Vize-Vorsitzende der Unionsfraktion, Ralph Brinkhaus (CDU), betonte, dass finanzielle Spielräume auch zukünftig für Investitionen genutzt werden sollen. Er wies darauf hin, dass sich der Forschungsetat in den letzten zehn Jahren „nahezu“ verdoppelt habe. Es würde also nicht nur in Steine investiert, sondern auch in Köpfe.

Für die stellvertretende Vorsitzende der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Kerstin Andreae, hat die Koalition viel Glück gehabt. Sie würde unter anderem von den niedrigen Zinskosten und dem vergleichsweise geringem Ölpreis profitieren. In diesem Zusammenhang sei der Nachtragshaushalt „lächerlich“. Die Investitionsquote bleibe bei unter zehn Prozent. Man brauche keine Expertenkommission, um zu sehen, dass die Infrastruktur zerfalle.

Investitionsplan Deshalb habe ihre Fraktion auch in einem Antrag einen Investitionsplan im Umfang von 45 Milliarden Euro vorgelegt. Darin sei unter anderem vorgesehen, den europäischen Krisenländern mit zwölf Milliarden Euro zu helfen, damit auch diese investieren könnten. Weiter sollten kleine und mittlere Unternehmen im Sinne eines „Grünen New Deals“ unterstützt werden und jährlich zwei Milliarden Euro sollten in die Modernisierung der Hochschulen fließen. Finanziert werden soll das 45-Milliarden-Euro-Paket ohne neue Schulden unter anderem durch Abbau von Subventionen.

Andreae kritisierte, dass die Investition der Bundesregierung in Bildung und Forschung zu gering sei. So gebe es in Deutschland im Gegensatz zu den meisten anderen europäischen Ländern keine steuerliche Forschungsförderung. Notwendig seien Investitionen in die Köpfe und nicht in Beton. „Wir brauchen eine Regierung, die Handlungsspielräume nutzt und sich nicht ausruht“, sagte sie. Die beiden Gesetzentwürfe der Bundesregierung zum Nachtragshaushalt und zum Sondervermögen sowie der Antrag (18/4689) der Grünen zum Investitionsplan wurden zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen.

Aus Politik und Zeitgeschichte

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