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Parlamentarisches Profil : Der Beharrliche: Stefan Kaufmann

22.06.2015
2023-08-30T12:28:05.7200Z
3 Min

K irchlich getraut ist er nicht, der Stuttgarter CDU-Bundestagsabgeordnete Stefan Kaufmann. Den Segen der Kirche hat er aber seit Mai - nicht den seiner katholischen Kirche, sondern den eines Pfarrers der von Rom abgespaltenen Alt-Katholiken, zu denen sein Lebenspartner Rolf Pfander übergetreten war. Sich "verheiratet" zu nennen, damit habe er "kein Problem": "Ich glaube, das spielt in der öffentlichen Wahrnehmung auch keine Rolle." Korrekt ausgedrückt, ist er "verpartnert" - eingetragene Lebenspartnerschaft. Er strebt jedoch ganz offiziell die Ehe an und damit auch das Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare. Ein politisches Projekt, für das es nach seiner eigenen Einschätzung in seiner Bundestagsfraktion durchaus keine Mehrheit gibt. Fifty-fifty? "Noch nicht ganz", bescheidet er mit einer Miene, die ausdrückt: noch lange nicht ganz.

Ehe light - gesetzlich ist "ein bisschen Ehe" nicht machbar. "Ehe für alle", auch für gleichgeschlechtliche Paare, bietet sich mithin nicht für einen klassischen politischen Kompromiss an. Ganz statt gar nicht: Kaufmann kann nur dafür werben: "Wir brauchen eine Mehrheit." Wie er sich für sein Anliegen einsetzt, etwa bei der jüngsten Bundestagsdebatte, trägt ihm auch von Gegnern Respekt ein: "Brücken bauen" will er.

Der 45-Jährige muss noch heftig bauen, will er in seinem Sinne erfolgreich sein. 13 Abgeordnete in der Unions-Fraktion, die "Wilden 13" betitelt, machten sich 2012 auf, schon mal für die steuerliche Gleichstellung von Ehen und eingetragenen Partnerschaften zu kämpfen - vergebens in der Fraktion und auf dem CDU-Parteitag 2012, bei dem aber schon

40 Prozent für Gleichstellung waren. Das Bundesverfassungsgericht verdonnerte dann die Politik zur entsprechenden gesetzlichen Regelung.

Der Bundesparteitag im Dezember dieses Jahres in Karlsruhe wird womöglich zum nächsten Stimmungstest. Kaufmann geht jedenfalls davon aus, dass die Thematik irgendwie auf die Tagesordnung kommt - und wenn es ein Antrag ist, der die Ablehnung der "Ehe für alle" verlangt. Zwar fragten viele: Habt ihr kein wichtigeres Thema? Doch über die "Homo-Ehe" werde ausgiebig und emotional gesprochen: "Die Diskussion bekommt man nicht weg." Ein Parteitag scheint ihm noch die günstigste Möglichkeit, eine Meinungswende in der Union einzuläuten. In der Fraktion rede schließlich die CSU ihr Wörtchen mit. Von einer Zerreißprobe für die Fraktion mag er aber nicht reden. Doch das Thema sei "mit dem Irland-Referendum nun mal in der Öffentlichkeit angekommen": "Nun müssen wir uns überlegen, wie wir uns dazu verhalten." Klar sei: "Wir können es nicht wegdiskutieren."

Kaufmann spricht vom "christlichen Menschenbild". Deshalb sei er über die Adenauer-Stiftung 1999 bei der CDU gelandet. Doch zunächst habe ihn nur ein Themenkomplex fasziniert, Bildungspolitik, dann erst habe er sich die Partei ausgesucht. Bildung: 1992 hatte er in Tübingen den mit einem Preis ausgezeichneten Verein "Forum für Hochschul- und Bildungspolitik" gegründet, der ein Augenmerk auf die Schnittstellen legte, die Übergänge von Schulen zu Hochschulen oder in den beruflichen Bereich. Aber er hat letztendlich gemerkt: "Die Umsetzung von Vorhaben ist ohne Parteibindung schwierig." 2009 gewann er zum ersten Mal seinen Wahlkreis. Seit 2013 fungiert er als Obmann der CDU/CSU-Fraktion im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung.

Ein Punkt in dieser Legislaturperiode war die komplette Bafög-Übernahme durch den Bund. Das hält er auch nach wie vor für richtig - eigentlich. Nach schwarz-rotem Willen sollen die Länder bei der Grundfinanzierung der Hochschulen unterstützt werden. "Ärgerlich" sei indes: "Nicht alle Länder machen das so." So gebe Niedersachsen das Geld in die Kinderbetreuung. Doch generell sei er "schon Föderalist". Allerdings müssten die Länder bei den Schulen schneller zu gleichen Standards kommen. Die Kultusministerkonferenz sei allerdings "sehr träge". Die Bundesbildungspolitiker hätten "eine andere Brille auf": "Weil die Eltern zu uns kommen und beklagen, dass bei einem Wechsel von Land zu Land die Niveaus sehr unterschiedlich sind."

Die Bildungspolitik, lange Zeit die Turbulenzen um "Stuttgart 21", jetzt die hochkochende Diskussion um die "Ehe für alle", dazu der Vorsitz der Stuttgarter CDU - für seinen Nebenjob als Rechtsanwalt hat er so gut wie keine Zeit. Aber zu einer Anwaltskanzlei gehört er weiter - schon um die Zulassung zu erhalten. Und zum Orgelspiel, das er als Zehnjähriger begann, komme er "leider nur noch selten".