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RECHT : Völkerstrafrecht im Fokus

Hürden bis zur Verurteilung von Kriegsverbrechern

02.05.2016
2023-08-30T12:30:00.7200Z
2 Min

Die Anwendung des 2002 in Kraft getretenen Völkerstrafgesetzbuchs (VStGB) lässt zu wünschen übrig - das ist das Ergebnis einer öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses in der vergangenen Woche. In ihr nahmen sieben Sachverständigen Stellung zu einem Antrag der Fraktion der Grünen (18/6341), die darin die Schaffung einer Arbeitsgruppe fordert, die Überarbeitungsvorschläge für die Strafprozessordnung mit Blick auf internationale Verfahren machen soll. Die Abgeordneten argumentieren, dass 14 Jahre nach Verabschiedung des VStGB erst 49 Ermittlungsverfahren eingeleitet worden seien, wovon erst ein einziges zu einem Urteil geführt habe.

Als eine wesentliche Ursache für diese Bilanz machten die Sachverständigen verfahrensrechtliche Hemmnisse aus. Die ohnehin schwierige Aufgabe, bei den im Ausland unter Kriegsbedingungen erfolgten Verstößen gegen das Völkerrecht gerichtsfeste Beweise zu erhalten, werde durch sie zusätzlich erschwert.

Als weitere Ursache benannte Robert Heinsch (Universität Leiden) die unzureichende personelle Ausstattung der Ermittlungsbehörden. So gebe es beim Generalbundesanwalt lediglich drei Staatsanwälte und zwei wissenschaftliche Mitarbeiter für Verfahren nach dem VStGB. Wolfgang Kaleck vom European Centre for Constitutional and Human Rights in Berlin verwies auf das Beispiel der Niederlande, die eine wesentlich besser ausgestattete "War Crimes Unit" unterhielten.

Unterschiedliche Ansichten zeigten sich in der Frage, wie mit den häufigen und für Verbrechensopfer enttäuschenden Einstellungen von Ermittlungsverfahren umzugehen sei. Heinsch stellte unter anderem die Ermöglichung von Klageerzwingungsverfahren zur Diskussion. Gerhard Werle (Humboldt-Universität Berlin) dagegen nannte Erzwingungsverfahren generell problematisch.

Deutlich wurde in der Anhörung, dass für die "auffällig geringe Zahl von Verfahren" nach dem VStGB, wie Florian Jeßberger (Universität Hamburg) formulierte, "als Ursache strafprozessuale Vorgaben ausgemacht" sind. Auf weitgehende Ablehnung stießen aber Neuregelungen speziell für VStGB-Verfahren.

So wandte sich der Leiter des Referats Völkerstrafrecht beim Generalbundesanwalt, Christian Ritscher, dagegen, "ein Sonderprozessrecht einzuführen". Es zeichnete sich ein Konsens darüber ab, bei solchen Verfahren für sinnvoll erachtete Änderungen in die ohnehin vorgesehene Reform der Strafprozessordnung (StPO) einfließen zu lassen. Claus Kreß, Instituts für Friedenssicherungsrecht der Universität Köln, regte an, sich dabei an den Erfahrungen am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zu orientieren. Christoph Safferling (Universität Erlangen-Nürnberg) verlangte, die StPO müsse wiedergeben, wozu sich Deutschland mit dem Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs international verpflichtet hat.