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EDITORIAL : Öffentlich anonym

04.01.2016
2023-11-08T12:41:10.3600Z
2 Min

Der Datenkrake hat die Welt im Würgegriff. Dieses Bild zeichnen Skeptiker von "Big Data" gern. Sie verweisen auf die Gefahren, die entstehen können, wenn Unmengen Daten aus ganz unterschiedlichen Quellen zusammengefügt werden. Oft geschieht das ohne Wissen derer, die beim Surfen im Internet freiwillig oder unfreiwillig Spuren hinterlassen haben. Diese Informationen sind wertvoll, nicht nur für Sammler mit guten Absichten. Aber eben auch nicht nur für Böses, wie gern unterstellt wird.

Entscheidend ist, ob die Datenerhebung für den Einzelnen tranparent und nachvollziehbar erfolgt. Wer Persönliches preisgibt, muss sich darauf verlassen können, dass diese Daten anonym bleiben, wenn es so vereinbart ist. Bei Online-Diensten ist das längst nicht immer und längst nicht überall der Fall. Deshalb war es hohe Zeit, dass sich die Europäische Union auf eine Datenschutzreform geeinigt hat. Ab 2018 sollen damit Verbraucher gegenüber Internet-Konzernen wie Google oder Facebook mehr Rechte haben. Auch wenn Kritiker beklagen, diese Reform gehe nicht weit genug: Sie ist ein Schritt in die richtige Richtung. Jetzt kommt es darauf an, dass die Verbraucher die neuen Schutzfunktionen auch einsetzen.

Leider ist damit kaum zu rechnen. Gerade Nutzer von Online-Diensten gehen unfassbar sorglos mit persönlichen Daten um. Frei nach dem Motto "Ich habe nichts zu verbergen" wird munter Intimes gechattet und gepostet. Das machen doch alle so, wen soll das schon interessieren? Ein Trugschluss. Es gibt keine Information im Netz, die nicht für irgendjemanden außerhalb des Kreises der Adressaten von Wert ist.

Trotzdem bleibt abzuwarten, wie sich beispielsweise Eltern verhalten, wenn sie ihren Sprösslingen demnächst das Kommunizieren bei Whatsapp oder Twitter erlauben müssen. Und was machen Schulen, die bisher selbstverständlich erwartet haben, dass sich die Zöglinge über Internet-Dienste mit Nachrichten aus dem Schulalltag versorgen?

Internet und Big Data sind eine Herausforderung, aber auch eine Chance, den Risiken der Zukunft Herr zu werden. Dieser Prozess muss aufmerksam, kritisch und mit der Bereitschaft, falschen Entwicklungen rechtzeitig entgegen zu wirken, begleitet werden. In Gesellschaft, Wissenschaft und Politik gleichermaßen.