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Tom Slee: Deins ist meins. Die unbequemen Wahrheiten der Sharing Economy
Karl-Otto Sattler
Kurz rezensiert

Antje Kunstmann, München 2016; 272 S., 22,95 €

Es war einmal: Carsharing boomte, Nachbarschaftshilfen bei Reparaturen, beim Putzen, beim Babysitting breiteten sich aus, der Kleidertausch im Internet florierte, die Schlafplatzvermittlung für finanziell klamme Studenten und Touristen wurden en vogue. Auch Tom Slee wurde zum Anhänger dieser Bewegung mit ihrem Image als sozialer und ökologischer Alternative zum gewinnorientierten Kapitalismus.

Jetzt aber rechnet der kanadische Autor mit dieser Sharing Economy ab - nicht mit deren Ursprungsidee, sondern mit deren Instrumentalisierung durch zahllose Firmen, die in der "Wirtschaft des Teilens" eine profitable Geschäftsidee wittern. Nicht der Kapitalismus wurde aufgemischt, vielmehr wurde das Prinzip von Teilen und Tauschen zum "Spielplatz von Milliardären, der Wall Street und Wagniskapitalgebern", lautet sein Befund. Man mag den Eindruck gewinnen, der Zorn enttäuschter Liebe habe beim Verfasser hie und da etwas kräftig die Feder geführt. Im Kern aber analysiert Slee faktenreich Geschichte und Strukturen der Sharing Economy wie die Praktiken der Unternehmen, die über satte Provisionen für die Internet-Vermittlung von Dienstleistungen dickes Geld verdienen. Das Buch erläutert die Problematik vor allem anhand der Konzerne Uber und Airbnb. Uber vermittelt Fahrdienste als Billigkonkurrenz zum Taxigewerbe, das soziale Standards wahren und Mindestlöhne zahlen muss: Uber-Chauffeure indes tragen das unternehmerische Risiko, verdienen oft miserabel, müssen sich um Sozialversicherung und Unfallschutz allein kümmern. Airbnb verhilft nicht nur Privatleuten durch Untervermietung eines Zimmers zu kleinen Zusatzverdiensten, sondern mietet weltweit auch große Wohnanlagen zur Weitervermietung an Touristen an, was in Städten die Wohnungsknappheit verstärkt. Slees Schreckensvision: Google, Amazon und andere Giganten unterwerfen mit Hilfe der Sharing Economy auch bislang kommerzfreie Lebensbereiche einer knallharten Marktwirtschaft mit Jobs, die prekärer sind "als alles, was wir kennen".

Aus Politik und Zeitgeschichte

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