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Cum/ex-ausschuss : Banker mit Bombe

Netzwerke zur Steuervermeidung

12.09.2016
2023-08-30T12:30:06.7200Z
2 Min

Bei Zeugenbefragungen des 4. Untersuchungsausschuss (Cum/Ex) sind am Donnerstag erste Umrisse von Netzwerken in der Finanzbranche deutlich geworden, die mit großem Geschick Lücken im Steuerrecht ausgenutzt und Milliardensummen kassiert haben sollen. Der Ausschussvorsitzende Hans-Ulrich Krüger (SPD) betonte, es gehe nicht darum, Schuldige zu finden, sondern darum, Netzwerke, Verfahren und Zusammenhänge zu erkennen. Darauf aufbauend sollte das Thema konstruktiv aufgearbeitet werden mit dem Ziel, rechtlich fragwürdige Steuergeschäfte mit Aktien in Zukunft zu verhindern.

Lückenhafte Umsetzung Der Frankfurter Bankenbetriebsprüfer Stephan Rau erklärte, dass der Bundesfinanzhof (BFH) 1999 mit einem Urteil zum wirtschaftlichen Eigentum bei Aktienkäufen die Grundlage für das Entstehen der Mehrfach-Erstattung gelegt habe. Das Urteil sei in das Jahressteuergesetz 2007 eingeflossen, mit dem er nicht glücklich gewesen sei. Beratungsgesellschaften hätten dessen Auslandslücke vermarktet - sozusagen die Bombe hingelegt - und die Investmentbanker hätten die Bombe dann gezündet.

Bereits 2006 habe er zwei Vermerke bezüglich des Jahressteuergesetzes 2007 an das hessische Finanzministerium geschrieben, sagte Rau. Dass es so lange bis zur endgültigen Unterbindung der Cum/Ex-Geschäfte durch das OGAW-IV-Gesetz ab 2012 gedauert habe, liege in der Natur der Sache, erklärte Rau. Eine vollständige Systemumstellung brauche Zeit und lasse sich nicht aus dem Boden stampfen.

Gefragt nach wissenschaftlichen Aufsätzen, mit denen die Steuersparmodelle offenbar unterfüttert wurden, sagte Rau, bei vielen habe man sehen können, dass es sich um Auftragsaufsätze handelt. Als Berater hätten sich dabei alle großen Wirtschaftskanzleien engagiert. Bei den Cum/Ex-Geschäften habe es "Riesennetzwerke" gegeben, es sei alles organisiert gewesen und nichts dem Zufall überlassen worden. Die Gestaltungsmodelle seien 2009 und 2010 an die aktuellen Gegebenheiten angepasst worden, sagte Rau, der von einem eigenen Geschäftsfeld sprach.

Als zweiten Zeugen befragte der Ausschuss den pensionierten Referatsleiter im hessischen Finanzministerium, Wolfgang Schwarz. Das BMF-Schreiben von 2009 bezeichnete Schwarz auf eine Frage des Obmanns der CDU/CSU-Fraktion, Christian Hirte, als Maßnahme, "um überhaupt mal einen Fuß in die Tür zu bekommen" und Sand in das Getriebe der Leute zu streuen, die diese Geschäfte betrieben haben. Die ganze Problematik sei damit nicht gelöst worden, sie habe aber einen starken psychologischen Wert gehabt.

Klaus Poppenberg, Referatsleiter im Bundesfinanzministerium, berichtete, er habe 2008 erstmals von Cum/Ex-Geschäften gehört. Es habe auch anonyme Anzeigen gegeben. Er erklärte, mit dem BMF-Schreiben vom Mai 2009 habe das Ministerium in Anbetracht der aktuellen Entwicklungen ganz schnell eine Reaktion zeigen wollen. Zu Schätzungen über den durch Cum/Ex möglicherweise verursachten Schaden sagte Poppenberg: "Zwölf Milliarden sagen mir nichts."