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NSA-Affäre : Eine ominöse Weisung

Untersuchungsausschuss erlebt Zeugen mit Gedächtnislücken

14.11.2016
2023-08-30T12:30:10.7200Z
2 Min

Es muss ein denkwürdiger Tag im Leben des Zeugen R.U. gewesen sein. In ein und demselben Raum zu sitzen mit einem leibhaftigen Kanzleramtschef aus Berlin - wann erlebt man das schon als kleiner Dienststellenleiter des Bundesnachrichtendienstes (BND)?

Doch als R.U. vergangene Woche vor dem NSA-Untersuchungsausschuss saß, konnte er sich an die Begegnung mit Peter Altmaier (CDU) im März 2015 "nicht mehr im Detail" erinnern. Auch der Grund, warum er damals aus Bad Aibling nach Pullach gebeten worden war, ist dem Zeugen offenbar bis heute schleierhaft. Der BND-Präsident habe "vorgetragen" und "Grundprinzipien erläutert", entsann er sich schließlich auf wiederholtes Nachfragen hin. Es habe eine "angespannte Stimmung" geherrscht "unter den kleinen Mitarbeitern, die so schön am Rande saßen". Indes: "Ich kann mich nicht erinnern, dass es laut wurde oder der Minister jemanden vor versammelter Mannschaft gemaßregelt hat."

Von Anfang 2010 bis Oktober 2015 war R.U. Dienststellenleiter in Bad Aibling, wo der BND gemeinsam mit der amerikanischen National Security Agency (NSA) einen Horchposten betreibt. Für den Ausschuss ist er ein alter Bekannter. Bereits im September 2014 und Mai 2015 war er im Europasaal des Paul-Löbe-Hauses im Bundestag zu Gast. Und bereits damals beeindruckte er die Abgeordneten vor allem mit Gedächtnislücken, wahlweise mit dem Hinweis, dieser oder jener Sachverhalt sei dermaßen geheim, dass er sich darüber nur nichtöffentlich äußern könne.

Bei seinem dritten Auftritt ging es um eine Anordnung aus dem Kanzleramt von Ende Oktober 2013, der zufolge der BND die Ausspähung von Zielen mit Bezug zu Mitgliedsländern von EU und Nato unverzüglich einzustellen hatte. Der Ausschuss wollte wissen, wann und wie diese Weisung R.U. als einen der zuständigen Dienststellenleiter erreicht hatte. Antwort : "Ich kann mich überhaupt nicht mehr erinnern." Es seien damals "Weisungen und Anfragen in Stundentakt" auf ihn eingeprasselt. Er sei sicher, er habe die Anordnung "weitergegeben, wenn sie kam - in welcher Form auch immer". Für die Ausführung sei ohnehin nicht er zuständig gewesen, sondern irgendein Sachbearbeiter am untersten Ende der Hierarchieleiter: "Ich meine, dass da irgendwann auch ein schriftliches Papier dazu kam, ob im Entwurfstadium oder offiziell, weiß ich nicht mehr."

Der Inhalt war dem Zeugen jedenfalls nur noch in groben Umrissen und erst nach wiederholtem Nachfragen erinnerlich: "Wir sollten umgehend alles rausnehmen, was diesen Bezug hatte." Welchen Bezug? "Ich meine Regierungsorganisationen." Alle? "EU, soweit ich weiß." Schriftlich festgehalten habe er das damals allerdings nicht. Er sei dennoch sicher, dass die Weisung korrekt umgesetzt wurde, meinte R.U.

Im Kanzleramt war man weniger sicher, weshalb schließlich Altmaier beim BND selbst nach dem Rechten sah. In Anwesenheit des Zeugen R.U, so viel steht fest. Indes: "In der Zeit gab es viele, viele Besuche."