Martin Luther (links) und sein Weggefährte Philipp Melanchthon auf einem Gemälde von Lucas Cranach d. Ä. Melanchthon wirkte in Deutschland auch als wichtiger Bildungsreformer. © picture-alliance/Artcolor
Martin Luther war ein kirchlicher Revolutionär, aber kein Heiliger
Der Protestantismus ist nicht nur Reformation, sondern auch Revolution gewesen", proklamierte der Kirchenhistoriker Adolf von Harnack (1851-1930) im damals üblichen nationalen Pathos. Martin Luthers (1483-1546) Rolle als Nationalheld ist Geschichte, doch der Reformator bleibt Symbolfigur einer umfassenden Neugestaltung von Kirche, Staat, Gesellschaft und Kultur, die bis heute weltweit…
Der Prager Reformer rügte den Kirchenprotz
Als Kirchenkritiker und Reformator hat Jan Hus (1372-1415) schon hundert Jahre vor Luther die allmächtige Katholische Kirche und ihre Rituale öffentlichkeitswirksam infrage gestellt. Der Gelehrte, der an der Universität Prag Vorlesungen in Religion hielt und später kurzzeitig auch Rektor der Universität wurde, setzte sich für eine verständliche Sprache und für Sprachbildung ein. Wie später…
Begründer der Reformierten Kirche
Der Züricher Reformator Huldrych Zwingli (1484-1531) war ein entschiedener Kämpfer gegen Missstände in der Kirche. Der Priester sprach sich für eine strikte Orientierung an der Bibel aus und lehnte kirchliche Vorschriften und Traditionen ab. Während seines Studiums traf der Theologe, der mit seiner Lehre die Volkskirche in der Schweiz aufbaute, den Humanisten Erasmus von Rotterdam (1466-1536)…
Er forderte die rigorose Kirchenzucht
Der Theologe, Jurist und Staatstheoretiker Johannes Calvin (1509-1564) gehörte zu einflussreichsten wie auch umstrittensten Reformatoren Europas. Sein Bemühen galt einem idealen Zusammenwirken von Staat und Kirche auf der Basis eines frommen und sittenstrengen Lebens. Calvin verfasste 1530 seine erste theologische Arbeit und geriet 1533 als Mitverfasser einer Rede in Bedrängnis, in der…
Die weltliche und die geistliche Macht stritten über Jahrhunderte über den Führungsanspruch. So unterschiedlich die Streitpunkte waren, so unterschiedlich fielen die Ergebnisse in den Staaten Europas aus
Die Ansage war unmissverständlich: "Seien Sie außer Sorge, nach Canossa gehen wir nicht, weder körperlich noch geistig", schimpfte Otto von Bismarck am 14. Mai 1872 im Reichstag in Berlin vom Rednerpult. Der deutsche Reichskanzler ließ keinen Zweifel daran aufkommen, dass er in der Auseinandersetzung mit der katholischen Kirche und Papst Pius IX. über das Verhältnis von Staat und Kirche, die…
In der NS-Zeit wurde die Bekennende Kirche zum Sammelbecken der Auflehnung. Opposition gegen die SED begann in Kirchen
In beiden Diktaturen im Deutschland des 20. Jahrhunderts lassen sich auf Seiten der Kirchen jeweils deutliche Anpassungsstrategien wie auch Widerstandsaktivitäten beobachten. Bei einer Einschätzung der jeweiligen Staat-Kirche-Beziehungen ist es jedoch wichtig, die "grundlegend verschiedene Situation" zu berücksichtigen, wie die Historikerin Anke Silomon betont. Tatsache ist, dass die…
Heute wird vor allem um Kopftücher und Ganzkörperschleier gestritten
Deutschland im Jahr des großen Reformationsgedenkens: pluralistisch, multikulturell und multireligiös. Mehr als zwei Jahrzehnte nach dem "Kruzifix-Urteil" des Bundesverfassungsgerichts, das wie ein Blitz in die kirchliche Landschaft einschlug, wird wieder über Begriffe wie Religionsfreiheit und Neutralität des Staates gestritten. Doch anders als in den späten 1990ern geht es diesmal nicht…
Die beiden Großkirchen werden vom Staat mit Milliardengeldern begünstigt - das geht zurück bis zu Napoleon
Es begann mit Napoleon. Als Ausgleich für die Gebietsabtretungen an den Franzosen-Kaiser wurden mit dem Reichsdeputationshauptschluss (1803) die deutschen Fürstentümer unter anderem mit kirchlichem Besitz und Vermögen entschädigt. Kirchenjuristen dient diese "Enteignung" als Begründung dafür, auf staatlichen Geldleistungen als eine Art Schadensersatz zu bestehen - obwohl bereits die Weimarer…
Von Staatsferne bis striktem Anti-Islam-Kurs
Religion ist in allen (Wahl-)Programmen der Parteien ein Thema. CDU und CSU bekennen sich "ausdrücklich zur christlichen Prägung unseres Landes wie auch zum Respekt vor jeder Glaubensüberzeugung". Dabei sei das "bewährte Staatskirchenrecht" auch eine geeignete Grundlage für eine umfassende partnerschaftliche Zusammenarbeit mit allen Religionsgemeinschaften, hieß es etwa zur Bundestagswahl…
Die Kirchen lockern ihre arbeitsrechtlichen Regeln für Mitarbeiter - auch um neue Fachkräfte zu werben
Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und ihr Wohlfahrtsverband Diakonie Deutschland wollen ihre Arbeitsplätze künftig stärker für nicht oder anders gläubige Menschen öffnen. Eine entsprechende Richtlinie hat der Rat der EKD am 9. Dezember 2016 verabschiedet. Insbesondere für die rund 30.000 sozialen Einrichtungen der Diakonie sollen in Zukunft mehr Menschen mit anderen kulturellen…
Lokale religiöse Organisationen werden für den Staat als potenzielle Partner immer wichtiger
Der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Gerd Müller (CSU), ist bekennender Katholik. Das ist nicht bloß eine biografische Randnotiz, wenn man bedenkt, dass unter seiner Führung das Thema Religion zu einem Schwerpunkt in der deutschen Entwicklungspolitik geworden ist. "Religion kann Brücken bauen und Menschen motivieren, sich für Andere einzusetzen. Dieses…
Die Prälaten Martin Dutzmann und Karl Jüsten vertreten die Interessen der Kirchen im politischen Berlin. Und setzen dabei auf die Gemeinsamkeiten beider Konfessionen
Die Prälaten Martin Dutzmann und Karl Jüsten vertreten die Interessen der Kirchen im politischen Berlin. Und setzen dabei auf die Gemeinsamkeiten beider Konfessionen. Deutschland blickt in diesem Jahr zurück auf 500 Jahre Reformation. Herr Dutzmann, welches Gefühl überwiegt? Freude oder Trauer über die bis heute anhaltende Kirchenspaltung? Dutzmann:Es existieren beide Gefühle. Für einen…
Katholische und evangelische Kirche kooperieren erfolgreich. Doch grundsätzliche Differenzen über Priesteramt, Abendmahl und Kirchenverfassung bleiben bestehen
Das 500-jährige Reformationsjubiläum ruft nicht nur viele positive Impulse in Erinnerung, die aus der Reformation im 16. Jahrhundert hervorgingen. Ein Blick fällt auch auf die Konflikte, die mit dem reformatorischen Aufbruch in eine neue Zeit einhergingen. Menschen wurden wegen ihrer anderen Konfession unterdrückt, verfolgt, vertrieben oder gar getötet. Diese Ereignisse haben wiederum…
Ausgerechnet zu DDR-Zeiten entstand in Leipzig-Grünau ein Musterbeispiel gelebter Zusammenarbeit der Kirchengemeinden
Im Leipziger Stadtteil Grünau läutet der Kirchturm für Katholiken und Protestanten gleichermaßen. Wenn am Sonntag die Glocken zum Gottesdienst rufen, strömen die Mitglieder gleich zweier Gemeinden herbei. Die evangelisch-lutherische Pauluskirche und die katholische Sankt Martinskirche stehen in direkter Nachbarschaft, kaum 100 Meter entfernt voneinander, am Rande einer der größten…
Der Austausch zwischen Juden, Christen und Moslems braucht Interesse füreinander
Es hilft nicht viel weiter, die Frage nach Möglichkeiten und Grenzen des Dialogs zwischen Judentum, Christentum und Islam abstrakt zu stellen, losgelöst von der Geschichte und vor allem von der aktuellen Situation der drei monotheistischen Religionen. Hier gilt: Die Zeichen stehen derzeit eher auf Konflikt denn auf Religionsfrieden und Dialog. Im weltweiten Islam haben vielerorts Strömungen…
In Berlin wollen Juden, Christen und Muslime ein gemeinsames Bethaus bauen
Ein Blick auf die Internetseite verrät den aktuellen Spendenstand. "4.333.340 Euro" waren es an Neujahr. Das ist schon etwas. Auch wenn ein paar größere Förderzusagen von staatlichen Institutionen dabei sind - offenbar vertrauen eine Menge Menschen der Idee, am Petriplatz in Berlins historischer Mitte eine große Idee zu verwirklichen. Drei Religionsgemeinschaften wollen dort das "House of…
Über Jahrhunderte wurde die Minderheit in Deutschland immer wieder verfolgt
Die Anfänge jüdischen Lebens in Deutschland verliefen keineswegs ungetrübt. Vor den zunehmenden Auseinandersetzungen im Mittelmeerraum zwischen Byzantinern, Lateinern und Muslimen hatten die Angehörigen der Minderheit Schutz im Bereich der aufstrebenden fränkischen Könige und ihrer Nachfolger im Norden gesucht. 937 ließ der Mainzer Erzbischof Friedrich prüfen, ob es ihm anstehe, Juden zu…
Die Bewegung ist vor allem in Lateinamerika, Asien und Afrika auf dem Vormarsch. In Deutschland ist sie erstaunlich schwach
Es ist paradox: Mehr als vier Fünftel der weißen evangelikalen Christen in den USA haben bei den Präsidentschaftswahlen für Donald Trump votiert. Und das, obwohl sich viele führende Evangelikale zuvor von Trump distanziert hatten, vor allem wegen seines eher unfrommen Lebenswandels. "Die Wahl von Trump ist ein Lehrstück über die Verquickung von Politik und Evangelium", kommentierte der…
Rund 75 Prozent der Einwohner bekennen sich zum russisch-orthodoxen Glauben, Religion ist nationale Tradition. Der Einfluss der Kirche steigt stark an
Umfragen zufolge steht die orthodoxe Kirche bei den Russen auf Platz zwei der größten Vertrauensträger im Land - nach Präsident Wladimir Putin. Dessen Verhältnis zum Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, Patriarch Kyrill I. von Moskau, scheint von außen besehen ein sehr gutes zu sein. Als einfacher Pilger nahm Putin in Begleitung von Kyrill I. an den Feierlichkeiten anlässlich der…
> Christianisierung Im zuvor heidnischen Russland begann die Christianisierung 988 mit der Taufe des Kiewer Großfürsten Wladimir. Im 11. Jahrhundert spalteten sich schließlich die östlich-orthodoxe und die römisch-katholischen Kirche - der sogenannten Ostkirche war der Einfluss des katholischen Papstes zu groß geworden. > Abspaltung Ende des 16. Jahrhunderts löste sich die Russisch-Orthodoxe…
In kaum einem Land gibt es so viele und vielfältige Sakralgebäude wie in Deutschland. Um ihren Erhalt und den Neubau von Gotteshäusern wird teilweise heftig gestritten
Streit und Liebe sind keine Gegensätze. Gerade über das, was einem besonders am Herzen liegt, lohnt es sich zu streiten. Das gilt auch für die Kirchbauten in Deutschland. Sie werden nicht nur von vielen Menschen geschätzt und geliebt, besucht und gepflegt. Über sie wird auch an vielen Orten heftig gestritten und dies aus guten Gründen. Denn im Umgang mit den Kirchbauten zeigt sich, wie es um…
Das Lutherjahr wird weltweit gefeiert
Zwei Jahre lang war sie wegen Renovierungsarbeiten geschlossen, doch pünktlich zum Reformationsjubiläum erstrahlt die Schlosskirche in Wittenberg in neuem Glanz. Hier soll Martin Luther am 13. Oktober 1517 seine 95 Thesen angeschlagen haben; die Reformation nahm ihren Lauf. Mit der feierlichen Wiedereröffnung durch Bundespräsident Joachim Gauck und Dänemarks Königin Margarethe II. begann…
In früheren Sakralgebäuden entstehen Restaurants oder Wohnungen und manchmal sogar Moscheen
Viele Menschen nennen ihre Wohnung ihre heiligen Hallen. Doch nur wenige können von sich behaupten, dass ihre vier Wände früher tatsächlich einmal geweiht waren: Sie leben in ehemaligen Kirchen. Im sächsischen Demitz-Thumwitz ist das etwa möglich, aber auch in Hamburg und Mönchengladbach. Hier entstanden hinter den Mauern einer Basilika 23 Sozialwohnungen. Ihre Bewohner leben dort, wo früher…
> Welterbestätten Rund 45.000 Gebäude werden in Deutschland gegenwärtig von den Kirchen betrieben. Von den 41 deutschen Stätten, die auf der Welterbeliste der UNESCO stehen, sind ein Drittel in kirchlichem Besitz. Dazu zählt unter anderem der Kölner Dom (siehe Bild). > Zerstörung Im Zweiten Weltkrieg wurden viele Kirchen zerstört. Während die Überreste in der DDR meist abgerissen und kaum…
1517: Der 33 Jahre alte Mönch und Religionsgelehrte Martin Luther (1483-1546) veröffentlicht in Wittenberg 95 auf Lateinisch abgefasste Thesen mit kritischen Hinweisen zum Ablasshandel der von Rom…
BRASILIEN Mehr als 130 Millionen Einwohner Brasiliens gehören der katholischen Kirche an, das sind rund 65 Prozent der Bevölkerung. Nach wie vor hat kein anderes Land der Welt mehr Angehörige…
NIEDERLANDE Das Königreich gilt einerseits als eines jener Länder in Europa mit wenig ausgeprägter religiöser Bindung der Gesellschaft. Nur rund jeder zweite Einwohner gibt an, überhaupt einer…