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Fotoausstellung "Innere Angelegenheiten" : Von der Kraft des Bildes

Die Ausstellung im Mauer-Mahnmal am Schiffbauerdamm ruft die ehemalige Alltäglichkeit der innerdeutschen Grenze in Erinnerung.

30.10.2017
2024-02-07T12:34:21.3600Z
2 Min

"Achtung! Flussmitte Grenze", lautet die unmissverständliche Botschaft des Schildes, das eher am Rande eines Bachs als eines Flusses auf der flachen Wiese steht. Es ist die Elbe, die an dieser Stelle einst die niedersächsische Gemeinde Schnackenburg von der DDR trennte. Auf der Aufnahme des Fotografen Dirk Reinartz deutet Landwirt Otto Porath in Richtung der anderen Uferseite. Für ihn gehört die Grenze zum Alltag, sein Grundstück liegt seit der Teilung Deutschlands im Niemandsland.

Dieses Bild aus den 1980er Jahren ist Teil der Ausstellung mit Werken des 2004 verstorbenen Reinartz, die der Bundestag derzeit im Mauer-Mahnmal am Berliner Schiffbauerdamm präsentiert. Die Schwarz-Weiß-Fotos hängen an der östlichen Wand; gleich daneben durchkreuzen die historischen Mauermonumente die Szenerie. Es gibt keinen Zweifel: Die Serien aus der Zeit kurz vor und nach dem Mauerfall sind hier am richtigen Platz. "Die Fotografien von Dirk Reinartz eröffnen einen ganz besonderen Blick auf Menschen, auf Ereignisse, auf Konstellationen, die es vor und nach der Wiedervereinigung gegeben hat", sagte der frühere Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) bei der Vernissage am 19. Oktober.

Dirk Reinartz (1947-2004), der bei Otto Steinert an der Folkwangschule in Essen studierte, erlangte besonders durch Reportagen für den "Stern" und das "ZEITmagazin" in den 1970er und 1980er Jahren Bekanntheit. Künstlerporträts, Landschaftsfotos, Stadtfotografie, seine Bilder erschienen in allen bekannten Magazinen.

Als Künstler habe sich Reinartz nie bezeichnet, sagte Kuratorin Kristina Volke. Er habe darauf bestanden, Fotograf zu sein. "Gleichzeitig sieht man die Werke an und weiß, dass man es hier mit einem Fotografen zu tun hat, der die Kraft des Bildes sehr ernst nimmt", sagte sie. Reinartz sei es gelungen, Räume "mitzunehmen", so dass der Betrachter sich und die eigenen Geschichte hineindenken könne.

Ganz besonders interessierte Reinartz sich für die politische Situation und gesellschaftliche Stimmungen in Deutschland. Auf seinen Reisen durch beide Staaten suchte er nach Wesen und Selbstverständnis der Bewohner. Die Porträts aus der Serie "Besonderes Kennzeichen: Deutsch" sind faszinierendes Ergebnis dieser Spurensuche. "In dieser Reportage sagen die Bilder wirklich mehr als 1.000 oder 3.000 Worte", sagte der Journalist Wolfram Runkel bei der Ausstellungseröffnung.

Runkel hat auf Dutzenden von Reisen gemeinsam mit Reinartz recherchiert und Menschen interviewt. Der Kollege habe in Gesprächen nicht nur aufmerksam zugehört, sondern sich auch eingemischt. "Dirk war Inhalt wichtiger als Fragen der Ästhetik oder der Bildgestaltung", betonte Runkel. Fotoreportagen hätten den Ruf, schnell an Aktualität zu verlieren. Bei Reinartz Fotos ist das anders, ist sich Runkel sicher: "Seine Kunst bleibt dank ihrer Kraft aktuell. Sie ist stärker als der Zeitgeist." Eva Bräth

Die Ausstellung kann bis 25. Februar 2018 im Mauer-Mahnmal am Schiffbauerdamm dienstags bis sonntags, 11 bis 17 Uhr, besichtigt werden. Der Eintritt ist frei.