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Aufgekehrt : Eine Kritik des Karnevals

27.02.2017
2023-08-30T12:32:16.7200Z
1 Min

Karneval ist wie Krätze, Keuchhusten, Karies und Kreuzschmerzen in einem. Mit solch einer Aussage macht man sich in manchen Regionen nicht beliebt. Dem Jecken und anderen Traditionsbewahrern gilt man damit als Brauchtumsschänder. Nur gut, dass diese Zeilen am Rosenmontag erscheinen, und die Gemeinten in zu großer Feierlaune sind, um noch zu lesen.

Wir sind also unter uns, verehrte Karnevals-Kritiker und Verkleidungs-Verächter, und wir müssen reden: Liebe Retter des Abendlandes, wir haben auf ganzer Linie versagt! Nicht das linksgrün-bewegte Gutmenschentum, sondern die kunterbunt-geschminkte Kostümhorde hat die nun kulturlose Hegemonie errungen. Der beschwipste Umzug durch die Institutionen war erfolgreich. Der Faschingismus ist nun ihre sektgetränkte Leit- und unsere Leidkultur. Der Feind steht mitnichten links, sondern hält sich noch gerade so mit "Alaaf" oder "Helau" auf den Beinen. Quasi jedes Karnevals-Kaff hat solch regional verankerte Sprachfehler. Früher fragten wir, ob man Menschen, die wie in Leutkirch "Hoorig, hoorig - isch dia Katz" (sic!) rufen, überhaupt integrieren kann. Nun sind wir Kostümlosen in der Minderheit.

Denn Karneval, einst ein zeitlich begrenzter Ausnahmezustand für Narren, ist das neue Normal. Narren, wo man auch hinschaut: Narren, die regieren (Trump, Orban); Narren, die regieren wollen (Le Pen, Wilders) und Narren, die wirklich Narren sind, aber trotzdem Politik machen (Beppe Grillo). Die politischen Narren von heute sind dabei meist traditionsbewusst "Wolle mer se reinlasse?", fragen sie ihr närrisches Volk - und bauen dann Mauern. Tätäää! Tätäää! Tätäää! Sören Christian Reimer