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uMWELT : Streit um CO2-Preis

Ministerin Svenja Schulz (SPD) zeigt sich offen für neue Ansätze. Union warnt vor nationalem Alleingang

30.04.2018
2023-08-30T12:34:28.7200Z
4 Min

Soll es künftig eine Steuer auf Kohlendioxid geben? Diese Frage wird in der Großen Koalition unterschiedlich beantwortet. Das wurde in einer Aktuellen Stunde auf Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vergangene Woche deutlich . Während Bundesumweltministerin Svenja Schulz (SPD) sowie Redner der SPD für eine CO2-Bepreisung plädierten, stieß die Idee bei der Union auf Widerstand.

Eine solche Umweltsteuer auf das klimaschädliche Treibhausgas soll nach Meinung von Befürwortern dazu beitragen, den Kohlenstoffdioxidgehalt in der Erdatmosphäre zu senken und wird bereits in einigen Ländern erhoben. Im schwarz-roten Koalitionsvertrag ist von der Prüfung einer CO2-Abgabe die Rede. Der Emissionshandel als Leitinstrument der Klimapolitik soll weiter gestärkt werden. Dieses 2005 beschlossene Instrument sieht die Ausgabe einer begrenzten Zahl an Emissionsrechten und deren Handel vor.

Offen für Diskussion Die Ministerin sagte in ihrer Rede, sie sei offen für eine Diskussion über die besten Lösungen, Anreize dafür zu schaffen, den CO2-Ausstoß zu verhindern. Deshalb freue sie sich über die Aktuelle Stunde. Eine Verringerung des CO2-Ausstoßes geschehe schon über den europäischen Emissionshandel, der gerade reformiert worden sei. Es sei "logisch, dass man auch darüber nachdenkt, welche weiteren Ansätze der CO2-Bepreisung wir finden können und wo wir von Erfahrungen anderer Länder wirklich profitieren können", so Schulz.

Die Kosten der Energiewende dürften jedoch nicht einkommensschwache Bürger belasten; dies aber sei "nicht einfach" zu gestalten. Daher müsse man alle Instrumente anschauen und zur Kenntnis nehmen, welche Erfahrungen in anderen Ländern gemacht worden seien. Klar sei, dass das derzeitige System "der Bepreisung von fossilen und erneuerbaren Energien nicht so bleiben kann, wie es ist", sagte Schulz. Auch im Wärme- und im Verkehrsbereich "brauchen wir noch mehr Anreize für den Einsatz klimafreundlicher Technologien".

Für die SPD-Fraktion sagte Klaus Mindrup, die sozialökologische Marktwirtschaft brauche klare Leitplanken, der CO2-Ausstoß müsse gesenkt werden. Die Preise für fossile Energien sagten nicht die ökologische Wahrheit, weil Folgekosten nicht eingepreist würden. Deshalb müssten die erneuerbaren Energien weiter ausgebaut werden. Man müsse bei der CO2-Bepreisung "endlich vorankommen", weil das ein entscheidendes Instrument sei, um eine ökologische Marktwirtschaft hinzubekommen. Industrie und Gewerkschaften seien deshalb dafür, dies zu tun.

Kein Alleingang In der Union ist man gegen einen nationalen Alleingang. So betonte Georg Nüßlein (CSU), Klimaschutz sei "ein internationales Thema". Maßnahmen zur Verringerung des CO2-Ausstoßes müssten auf dem "internationalen Spielfeld" stattfinden, das allen Beteiligten die gleichen Regeln biete. Beim Klimaschutz gehe es primär um neue Technologien. In der Unions-Fraktion ist man der Meinung, dass höhere Preise für die Klimaschutzmaßnahmen von den Bürgern nicht akzeptiert würden. Eine nationale CO2-Abgabe sei "unsozial", so Nüßlein, weil sie zu einer zusätzlichen Belastung der Bürger führe.

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sagte Ingrid Nestle, es sei "schäbig", sich nicht an das Wort zu halten, das Deutschland Frankreich im Elysee-Vertrag für eine gemeinsame Initiative gegeben habe. Erst Anfang des Jahres habe Deutschland zusammen mit der Assemblée nationale in der Resolution zum Élysée-Vertrag "gemeinsame Initiativen insbesondere zum CO2-Preis" gefordert; nun herrsche wieder "Schweigen im Walde". Eine CO2-Bepreisung sei "Marktwirtschaft", die dadurch erzielten Einnahmen würden für den Klimaschutz investiert. Die Koalition solle sich "dem Charme des logischen Denkens" öffnen, so die Abgeordnete. Dabei solle man auch über die Grenze schauen: Großbritannien habe bereits eine CO2-Abgabe, die Niederlanden wollten sie in diesem Jahr einführen, 87 Ländern planten dies derzeit.

Auch die FDP ist für eine CO2-Abgabe. Diese solle aber nicht in Form einer politisch definierten Steuer eingeführt werden, so Lukas Köhler, sondern nach marktwirtschaftlichen Kriterien entstehen. Daher solle der Emissionshandel auch auf Verkehr ausgedehnt werden. Ein entsprechender Vorschlag liege auf dem Tisch: "Sie müssen ihn nur umsetzen." Artikel 24 der Emissionshandelsrichtlinie erlaube es, den Emissionshandel zunächst nur auf nationaler Ebene auf andere Sektoren auszuweiten. Damit würde die Bundesregierung auch "ein starkes Signal in Richtung unserer europäischen Partner senden".

Für eine gänzlich neue Ausrichtung des Klimaschutzes plädierte für die Linksfraktion Lorenz Gösta Beutin. Er plädierte für eine "Politik der postfossilen Vernunft". Als zusätzliches Instrument sei ein CO2-Mindestpreis denkbar, "der die dreckigsten Braunkohlekraftwerke aus Wirtschaft und Industrie herausdrängt". Gleichzeitig müsse die Bundesregierung endlich den Mut haben, wirklich aus der Kohle auszusteigen. Zudem müsse sie sich vom Bundesverkehrswegeplan verabschieden, der auf den Ausbau des Individualverkehrs und den Schwerlastverkehr setze. Dieser konterkariere die Energiewende. Nötig sei zudem ein kostenfreier Öffentlicher Personennahverkehr, so Beutin.

Gänzlich gegen eine CO2-Abgabe ist die AfD. Karsten Hilse sagte, eine entsprechende Steuer diene nur zur Bereicherung des Staates. Bereits die Ökosteuer sei eingeführt worden, um die Rentenkassen zu stabilisieren und den Treibstoffverbrauch zu reduzieren; beides sei nicht erfolgt. CO2 schädige das Klima nicht; die Koalition und die Grünen stellten bei diesem Thema "Ideologie über Fakten". Eine CO2-Abgabe vernichte Arbeitsplätze und "hilft dem Klima kein bisschen".