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Interview : »Das meiste Plastik kommt über die Flüsse«

Eine schwimmende Plattform soll Müll aus dem Meer absaugen. Marcella Hansch hat sie erfunden

06.08.2018
2023-08-30T12:34:33.7200Z
3 Min

Frau Hansch, Sie haben ein Konzept für eine Plattform entwickelt, die das Meer vom Müll befreien soll, indem sie das Plastik aus dem Meer saugt. Wie genau funktioniert das und was passiert anschließend mit dem Plastik?

Das Prinzip ist eigentlich sehr simpel. Die Plattform beruhigt durch ihre Bauweise die Strömungen der Meere bis zu etwa 50 Metern Tiefe - Plastikpartikel sind leichter als Wasser und können so innerhalb der Plattform aufsteigen bis an die Oberfläche und dort abgeschöpft werden. Das Plastik ist kein Müll, sondern eine wertvolle Ressource, da das Material auf Erdöl basiert. Daher wollen wir es nicht verbrennen, was leider so oft passiert, sondern es nachhaltig nutzen - zu sauberer Energie umwandeln und neue biologisch abbaubare Kunststoffprodukte auf Algenbasis herstellen.

Inzwischen steht ein gemeinnütziger Verein hinter diesem Projekt. Was genau macht der?

Wir arbeiten mit fast 40 Ehrenamtlichen daran, das Konzept in eine realisierbare Technologie umzusetzen. Im ersten Schritt sind das Prototypen für Flüsse und Flussmündungen, um das Plastik herauszufiltern, bevor es überhaupt in die Meere gelangt. Außerdem wollen wir auf das Thema aufmerksam machen, das Bewusstsein bei den Menschen stärken und jeden Einzelnen dazu animieren, Plastik zu reduzieren. Denn jeder einzelne Verbraucher hat die Macht, etwas zu tun!

Könnte die Plattform Fischen und anderen Meerestieren gefährlich werden?

Nein, unser Ziel ist, eben genau das zu vermeiden. Das Prinzip der Plattform ist passiv. Es gibt keine Netze. Fische und Meerestiere können durch die Plattform hindurch schwimmen. Um das auch so umsetzen zu können, haben wir Biologen mit im Team und wollen bei der Entwicklung insbesondere auf die Umweltverträglichkeit achten.

Wie viele dieser Plattformen bräuchte es, um die Tonnen an Plastik aus dem Meer zu ziehen, die sich derzeit darin befinden? Oder auch, um dem nur einigermaßen beizukommen?

Um so etwas einzuschätzen ist es noch viel zu früh. Aktuell arbeiten wir alle ehrenamtlich an dem Projekt und suchen dringend Partner und Geldgeber. Auch gibt es noch viel zu wenige belastbare Daten, die wir als Grundlage nehmen können. Unser erstes Ziel sind Modellversuche und eine Standortanalyse, wo solche Plattformen am effektivsten einzusetzen sind. Beginnen wollen wir dann mit einem realisierbaren Prototypen, den man in Flüssen und Flussmündungen einsetzen kann, um das Plastik schon einzusammeln, bevor es überhaupt in die Meere gelangt. Das meiste Plastik gelangt nämlich über die Flüsse ins Meer.

Wann könnte ein Prototyp der Plattform fertig sein?

Das ist davon abhängig, wann wir 'richtig' starten können, denn aktuell haben wir nicht die finanziellen Möglichkeiten, einen Prototypen zu entwickeln. Unser erster Plan sind eine Machbarkeitsstudie und Modellversuche. Die sollen in den nächsten drei Jahren stehen, ein erstes Modell für Flüsse in fünf Jahren.

Das Gespräch führte Claudia Heine.

Marcella Hansch ist Architektin und Erfinderin von "Pacific Garbage Screening". Seit Juni läuft eine Crowdfunding-Aktion, um Geld für die Realisierung des Projektes zu sammeln.