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Parlamentarisches Profil : Der Berufssoldat: Rüdiger Lucassen

20.08.2018
2023-08-30T12:34:33.7200Z
3 Min

A uf jeden Fall die Landesverteidigung", bescheidet Rüdiger Lucassen - gefragt, was denn für die Bundeswehr oberste Priorität habe. Das gebe schon das Grundgesetz vor. Und so beklagt der AfD-Abgeordnete denn auch, dass "in den letzten 20 bis 25 Jahren die Auslandseinsätze deutlich überhandgenommen haben". Die Folge aus seiner Sicht: "Die Bundeswehr wurde überdehnt. Sie ist an die Grenzen ihrer Möglichkeiten gekommen." Auf "marode Strukturen" verweist er: "Wir haben keine Ersatzteilbevorratung, einen unzureichenden technischen Klarstand bei den Großgeräten und demotiviertes Personal."

Mit der Bundeswehr kennt sich der verteidigungspolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion aus Bad Münstereifel bestens aus. 34 seiner 66 Lebensjahre diente er als Soldat, bis er 2006 als Oberst im Generalstab ausschied. Er will jetzt die Regierung "zum Umsteuern" drängen. Dazu zählt für ihn zunächst, dass sich "die Streitkräfte wieder erholen". Was bedeute: "Weniger Einsätze im Ausland. Nur noch die, die wirklich dem Sicherheitsinteresse Deutschlands dienen." Überdies müsse "die Ersatzteilbeschaffung wieder auf eine stabile Grundlage gebracht werden".

Wobei klar sei: "Das kostet Zeit, fünf bis zehn Jahre. Und das kostet viel Geld." Nach seiner Rechnung geht das in Richtung der zwei Prozent vom Bruttoinlandsprodukt, die im Nato-Vertrag festgeschrieben seien. Konkret bedeute das 70 Milliarden Euro pro Jahr statt der soeben beschlossenen 40 Milliarden mit einer leichten Steigerung bis 2022 auf 43,5 Milliarden Euro.

Rüdiger Lucassen versichert: "Wir stellen die Nato nicht infrage." Freilich sei die AfD "sehr dafür, den europäischen Pfeiler innerhalb der Nato zu stärken". Von der Verpflichtung zum gegenseitigen Beistand profitierten schließlich am meisten die europäischen Nato-Länder. Dies müsse "natürlich auch dazu führen, dass von ihnen ein größerer Beitrag kommt als bisher". Dabei dürften aber keine Nebenstrukturen zur Nato aufgebaut werden, wie dies die Bundesregierung auf EU-Ebene betreibe.

Für Lucassen ist es "auf jeden Fall erforderlich, die Aussetzung der Wehrpflicht wieder rückgängig zu machen". Er sei sich aber "vollkommen darüber im Klaren, dass sich die gesellschaftlichen Voraussetzungen, nicht zuletzt die demografische Entwicklung, so geändert haben, dass dies nicht mit einem Fingerschnippsen geht". Aber unter der Prämisse Landesverteidigung sei die Wehrpflicht unabdingbar: "Wir brauchen sie auch deswegen, um ein einsatzfähiges Reservistenkorps vorhalten zu können." Gegenwärtig sei die Personalsituation in der Bundeswehr" schon rein quantitativ sehr heikel". Das Ziel von 198.500 Soldaten sei ja mit einem Fehl von 20.000 Soldaten noch lange nicht erreicht. Hinzu komme, dass die Personallage "auch qualitativ heikel ist, weil die Motivation in den Streitkräften so schlecht ist, wie sie es noch nie war".

Auf dem politischen Parkett ist er ein Neuling: "Ich war noch nie in der Politik, bevor ich jetzt nach Berlin gekommen bin. Und habe vor meiner Kandidatur auch nie einer Partei angehört." Nach dem Ausscheiden aus der Bundeswehr führte er eine eigene Unternehmung im Bereich Sicherheit und Verteidigung. Warum jetzt das Engagement? "Meine Beweggründe muss man eindeutig zurückführen auf die Politik Merkels." Er verweist auf den "überstürzten Atomausstieg", die Aussetzung der Wehrpflicht. Dazu, für ihn "ganz wesentlich", die "unzulässige und ungeordnete Zulassung der Migration im September 2015, die ja, wie wir aktuell beim drohenden Auseinanderdriften der Koalition erfahren haben, immer noch nicht in den Griff bekommen wurde".

Über die Freizeitgestaltung in Berlin müsse er sich keine Gedanken machen: "Dafür bleibt kein Raum." Allenfalls reise ab und zu seine Frau an, um zusammen "unserem Hobby zu frönen - Konzerte und Opern". Daheim im rheinischen Bad Münstereifel geht es quirliger zu. Die Lucassens haben sich dem Tierschutz verschrieben: Unter anderem sorgen sie für den Transport herrenloser Katzen und Hunde aus Spanien nach Deutschland, haben in Haus und Garten einige Tiere selbst aufgenommen.