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bundeswehr : Geschäfte unter Freunden

Abgeordnete befragen General und Firmenberater nach Auftragsvergabe

01.07.2019
2023-08-30T12:36:24.7200Z
2 Min

Der Tonfall war ruhig, der Befund gepfeffert: Über "Verleumdung" und "üble Nachrede" empörte sich General Erhard Bühler vergangene Woche im Untersuchungsausschuss des Verteidigungsausschusses. Er münzte das nach eigenen Worten auf alle, die einen Zusammenhang herstellten zwischen der Tatsache, dass er 2016 Taufpate war bei den fünf Kindern jenes Timo Noetzel, der zu den Repräsentanten des Unternehmens Accenture gehört, das sich Ende 2017 über einen millionenschweren IT-Auftrag des Verteidigungsministeriums freuen konnte.

Die Abgeordneten sind von einer Beurteilung noch weit entfernt. Sie stecken mitten in den Zeugenvernehmungen - in der letzten Sitzung vor der Sommerpause waren es Bühler und Noetzel. Allein die große Kompetenz der Firma sei für ihn entscheidend gewesen, versicherte der General, damals Abteilungsleiter Planung im Verteidigungsministerium. Sein persönliches Vertrauensverhältnis zu Noetzel habe keine Rolle bei der Auftragsvergabe gespielt.

Ein weiterer Fragenkomplex bezog sich auf die damalige Rüstungs-Staatssekretärin Katrin Suder. Noetzel sagte, er sei mit Suder befreundet. Das gelte auch für die Familien. Suder war auch zu Gast bei der Taufe. Den General wolle er nicht als Freund bezeichnen, stufte ihn eher als Mentor ein. Beide nahmen zusammen an mehreren Auslandseinsätzen teil.

Der General sagte, mit Suder und mit den übrigen beteiligten Abteilungsleitern sei er sich einig gewesen, Accenture den Vorzug zu geben. Das Unternehmen sei einer der Weltmarktführer bei PLM-Projekten: "Produkt-Lifestyle-Management" soll mit der Auswertung vieler Daten zu einer höheren Einsatzbereitschaft beitragen und erhebliches finanzielles Einsparpotenzial bieten. Ob sich PLM für die Bundeswehr eignet, sollte beispielhaft ein Test mit dem Transportflugzeug A400M zeigen. Er wurde ausgeweitet auf das gepanzerte Fahrzeug "Boxer" und den Kriegsschiffstyp Korvette.

Der Auftrag sollte, sagte Bühler, möglichst schnell vergeben werden. Deshalb sollte ein bereits bestehender Rahmenvertrag genutzt und so eine längere Ausschreibung vermieden werden. So konnte der Auftrag dann auch gezielt auf Accenture hinauslaufen. Freilich habe dieses beabsichtigte Vorgehen unter dem Vorbehalt gestanden, dass das letztlich für die Vergabe zuständige Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) bei einer Prüfung zu dem Ergebnis kommt, dass dieser Rahmenvertrag auch anwendbar ist. Wie ein früherer Zeuge aus dem Bundesamt dargestellt hatte, kam es nicht zu dieser Prüfung. Er habe die Nutzung des Vertrages und die Vergabe an Accenture als Weisung empfunden.

Der General erklärte indes, er habe davon ausgehen müssen, dass die angeordnete Prüfung auch stattfand. Tatsächlich stellte kurz vor Ende des PLM-Tests Mitte vergangenen Jahres der Bundesrechnungshof fest, dass der Rahmenvertrag nicht hätte angewendet werden dürfen.

Bühler legte Wert darauf, dass er mit seinem Duz-Verhältnis zu dem in der Bundeswehr gut vernetzten Noetzel stets transparent umgegangen sei. Noetzel sagte, er habe der Compliance-Abteilung seines Unternehmens das freundschaftliche Verhältnis zu Suder gemeldet. Suder sei im Ministerium vergleichbar verfahren, habe sie ihm gesagt. Die Abgeordneten zeigten sich verblüfft, dass sie bisher nichts in den Unterlagen über die Meldung Suders zu ihrer freundschaftlichen Beziehung zu Noetzel gefunden hätten.