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Paketdienste : Schwarze Schafe auf dem Radar

Bundestag beschließt Nachunternehmerhaftung für Sozialbeiträge. Die Opposition bezweifelt die Wirksamkeit des Gesetzes

28.10.2019
2023-08-30T12:36:29.7200Z
3 Min

Die Temperaturen in Berlin waren zwar in der vergangenen Woche noch recht mild, aber das hielt die SPD nicht davon ab, schon mal weihnachtliche Stimmung im Bundestag zu beschwören. "Draußen wird es dunkler, bald brennen die Adventskerzen und wir dürfen uns auf Weihnachten freuen", begann Katja Mast (SPD) ihre Rede. Neben Besinnlichkeit und Tannenbaum denke sie dabei aber auch an die vielen Pakete, die dann durch das ganze Land verschickt werden. Und da hört die Besinnlichkeit für Union und SPD schnell auf. Denn die Arbeitsbedingungen vieler Zusteller, vor allem in den tausenden Subunternehmen, sind alles andere als besinnlich. Schlechte Bezahlung und überlange Arbeitszeiten unter sehr hohem Zeitdruck gehören für viele zum Alltag.

Deshalb hat die Bundesregierung ein Paketboten-Schutz-Gesetz (19/13958; 19/14089) auf den Weg gebracht, dem der Bundestag in der vergangenen Woche in geänderter Fassung zustimmte. Die Nachunternehmerhaftung für die Paketbranche hat damit die letzte parlamentarische Hürde genommen: Für das Gesetz stimmten die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD sowie Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen. Die AfD-Fraktion stimmte dagegen und die FDP-Fraktion enthielt sich.

Keine Mehrheit konnten zwei Anträge von Linken und Grünen erreichen. Die Linke hatte in ihrem Antrag (19/14022) eine umfassende Regulierung der Paketbranche gefordert. Die Grünen hatten in ihrem Antrag (19/13390) ebenfalls eine Nachunternehmerhaftung gefordert, sowie eine strenge Dokumentation der Arbeitszeiten und ein Verbandsklagerecht.

Nicht für Speditionsfirmen Mit dem Gesetzentwurf soll eine Nachunternehmerhaftung für Sozialabgaben für die KEP-Branche (Kurier-, Express- und Paketdienste) eingeführt werden. Vorbild sind Regelungen in der Baubranche und in der Fleischwirtschaft. Einem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen zufolge sind nun Speditionsunternehmen vom Geltungsbereich des Gesetzes ausgenommen. Das Gesetz gilt demnach für die Beförderung von Paketen bis zu 32 Kilo, die mit Fahrzeugen mit einem Gesamtgewicht von bis zu 3,5 Tonnen transportiert werden. Die stationäre Bearbeitung von Paketen gehört allerdings insoweit zum Geltungsbereich des Gesetzes als sie in Verteilzentren für Pakete stattfindet.

"Mit dem Gesetz schieben wir ganz üblen Arbeitsbedingungen mit ihrem Lohndumping einen Riegel vor". Jetzt werde in Deutschland im Weihnachtsgeschäft fair geliefert, so die Überzeugung von Katja Mast. Wilfried Oellers (CDU) betonte: "Ein Subunternehmertum ist nicht verwerflich, zeigt aber auf, dass man wachsam sein muss. Wir machen der Paketbranche deutlich, dass wir Missbrauch nicht dulden, die Entwicklungen beobachten, und wenn nötig, entsprechend handeln."

René Springer (AfD) befand ebenfalls, dass die Versklavung bei den Zustellern ein Ende haben müsse. Das Gesetz werde dies jedoch nicht verhindern. "Schon deshalb nicht, weil es dem Auftraggeber die Möglichkeit gibt, sich mit einfachsten Mitteln von der Haftung befreien zu lassen."

Beate Müller-Gemmeke (Grüne) führte aus, was damit gemeint ist: "Wenn Paketdienste sogenannte Unbedenklichkeitsbescheinigungen vorlegen können, dann sind sie von der Haftung befreit." Diese Bescheinigung bestätige aber nur die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge für die gemeldete Lohnsumme. "Ob die Höhe der Lohnsumme stimmt, darüber sagt sie gar nichts aus", kritisierte die Grüne.

Daran knüpfte Pascal Meiser (Die Linke) inhaltlich an: Er begrüßte das Gesetz zwar als Schritt in die richtige Richtung. Die Regierung sei jedoch vor der Arbeitgeberlobby eingeknickt, weil sie strengere Dokumentationspflichten der Arbeitszeit nun nicht ins Gesetz aufgenommen habe. Nur so ließen sich aber Lohnansprüche und Ansprüche auf Sozialleistungen geltend machen, sagte Meiser.

Carl-Julius Cronenberg (FDP) betonte, die Liberalen hätten noch mehr erwartet. Er bezeichnete eine Nachunternehmerhaftung als "stumpfes Schwert in der Missbrauchsbekämpfung", damit dürfe sich der Staat nicht aus der Verantwortung stehlen. "Wenn es um Mindestlohn oder korrekte Arbeitsbedingungen geht, haben wir keine rechtliche Lücke, sondern ein Durchsetzungsdefizit", sagte er.