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Parlamentarisches Profil : Die Haushälterin: Ulrike Schielke-Ziesing

02.12.2019
2023-08-30T12:36:31.7200Z
3 Min

Z wei Milliarden Euro. Soviel soll der Bund im nächsten Jahr für die Unterbringung abgelehnter Asylbewerber ausgeben, die streng genommen ausreisepflichtig wären. Ulrike Schielke-Ziesing hat sich die Mühe gemacht, den Betrag für die Beratungen im Haushaltsausschuss aus dem Einzelplan 11 herausrechnen zu lassen. Ginge es nach ihr, könnten die zwei Milliarden gestrichen werden, auch als Wink mit dem Zaunpfahl etwa an das Land Berlin: "Berlin schiebt nicht ab, möchte aber vom Bund den Zuschuss für Unterkunft und Heizung."

Der Einzelplan 11, den die AfD-Abgeordnete Schielke-Ziesing als Berichterstatterin betreut, betrifft das Ministerium für Arbeit und Soziales, einen Politikbereich, mit dem die heute 50-jährige Mecklenburgerin berufliche Erfahrung verbindet. Bevor sie 2017 in den Bundestag gelangte, verbrachte sie in ihrer Heimatstadt Neubrandenburg ein gutes Vierteljahrhundert im gehobenen Dienst der Deutschen Rentenversicherung. Heute ist es ihr ein politisches Anliegen, in der Rentenkasse "aufzuräumen".

Was sie damit meint, ist das - wie sie es sieht - Ärgernis "versicherungsfremder", also nicht durch Beiräge gedeckter Leistungen. Auch dazu weiß sie eine Zahl: Auf 35 Milliarden belaufe sich derzeit dieser Kostenblock, Tendenz steigend. Für Schielke-Ziesing Folge einer Politik, die sich gerne Wohltaten einfallen lasse - Rente mit 63, Mütterrente -, aber lieber zu Lasten der Beitragszahler als auf eigene Kosten: "Es ist nicht transparent. Wenn Sie Geschenke machen für eine bestimmte Klientel, müssen Sie das aus Ihrem Haushalt bezahlen."

Transparenz zumal in Gelddingen ist ein Schlüsselbegriff, wenn man wie Schielke-Ziesing die Eurokrise als politische Initialzündung erlebt hat. Insofern sieht sie sich mit ihren Neigungen im Bundestag gut aufgehoben: "Ich habe alle meine Wünsche erfüllt bekommen. Ich wollte in den Ausschuss für Arbeit und Soziales, ich wollte in den Haushaltsausschuss, ich wollte in den Rechnungsprüfungsausschuss." Dort ist sie Obfrau ihrer Fraktion, die sie obendrein als rentenpolitische Sprecherin vertritt.

Das Interesse an diesen Themen, an der Politik generell, sagt Schielke-Ziesing, habe zugenommen mit dem Heranwachsen ihrer drei Kinder daheim in dem 200-Seelen-Dorf Lebbin. Werden sie ordentliche Ausbildungsplätze finden? Eine auskömmliche Beschäftigung? Später eine nicht zu knapp bemessene Rente beziehen? Ideologiegetrieben wird man ein solches Politikverständnis kaum nennen können. "Ich bin Realo", sagt Schielke-Ziesing. "Ich habe mit romantischen Vorstellungen nicht viel am Hut." Zu den "Romantikern" zählt sie den thüringischen Parteifreund Björn Höcke.

Hätte sie mit diesem Ansatz nicht auch in einer anderen Partei reüssieren können? Nein, meint Schielke-Ziesing, hätte sie nicht. Ihr Weg in die AfD war, wie sie sich ausdrückt, von "Meilensteinen" gesäumt, die Angela Merkel errichtet hatte: Atomausstieg, Eurorettung, später noch die Flüchtlingspolitik. Die gelernte Verwaltungswirtin Schielke-Ziesing in Lebbin hatte den Eindruck, dass ihre Meinung bei alledem nicht gefragt war, und als 2013 die AfD am politischen Horizont auftauchte, hoffte sie auf Abhilfe: "Ich verstehe meine Partei als zutiefst basisdemokratisch." Schielke-Ziesing war von Anfang an dabei.

Im Februar 2018 zählte sie in Mecklenburg-Vorpommern zu den Mitbegründern eines regionalen Ablegers der "Alternativen Mitte", eines Zusammenschlusses von Parteifreunden, denen die rechtsradikale Rhetorik in der AfD zuwider ist. "Denkmal der Schande", "Vogelschiss" und derlei: "Solche Töne werden Sie von mir nicht hören. Von vielen anderen auch nicht." Die AfD, wie Schielke-Ziesing sie sieht, sollte sein, "was die CDU vor 20 Jahren war". Und in Deutschland sollte es wieder werden, wie es in ihrer Erinnerung in den 1990er Jahren gewesen ist. Eine "ordentliche Einwanderungspolitik". Kein Euro. Weniger Europa. "Wir wollen Realpolitik machen", sagt Schielke-Ziesing. "Wir wollen irgendwann mal stärkste Kraft werden."