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Reform 2018 : Möglichkeit zur Altersvorsorge zu selten genutzt

Das Betriebsrentenstärkungsgesetz konnte die Erwartungen bisher nicht erfüllen

16.12.2019
2023-08-30T12:36:32.7200Z
3 Min

Anfang Mai 2019 hatte es die Grünen-Fraktion des Bundestages schriftlich bekommen: In einer Antwort (19/9796) auf eine Kleine Anfrage (19/9361) der Fraktion schrieb die Bundesregierung, dass es bisher noch keinen Tarifvertrag gibt, der Vereinbarungen zu Betriebsrenten nach dem seit 2018 gültigen Modell vorsieht. Dieses Sozialpartnermodell ist wesentlicher Teil des Betriebsrentenstärkungsgesetzes, das im Januar 2018 in Kraft trat. Es ermöglicht Tarifpartnern, in Verträgen Betriebsrentenmodelle anzubieten, die nicht mehr eine bestimmte Rentenhöhe garantieren, sondern nur noch reine Beitragszusagen enthalten müssen.

Debatte im Bundestag Als "Poker-Rente" betitelte Die Linke bei der Verabschiedung des Gesetzes im Juni 2017 den Plan der Regierung. Die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD erhofften sich dagegen, die Streuung der Betriebsrente zu vergrößern. Eine Garantierente sei bisher für viele Arbeitgeber ein Hindernis gewesen, Beschäftigten eine Betriebsrente anzubieten. Die Beiträge könnten mit den neuen, flexibleren Möglichkeiten sogar renditeträchtiger angelegt werden, so der Optimismus auf Seiten von Union und SPD. Die Grünen wiesen in ihrer Kritik auf die geringe Tarifbindung gerader kleiner Betriebe in Deutschland hin, die den Erfolg des Gesetzes von Anfang an in Frage stellen.

Kernpunkte des Gesetzes Ob ein Betrieb eine Betriebsrente anbietet, hängt oft von dessen Größe ab. Je größer der Betrieb, desto wahrscheinlicher sind entsprechende Angebote, weil kleine Unternehmen den Aufwand und das Risiko scheuen. Das sollte mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz anders werden, indem Arbeitgeber Angebote machen können, die sich auf Beitragszusagen beschränken. Dadurch sind sie von Haftungsrisiken befreit, die mit dem Angebot einer Garantie-Rente einhergehen können. Dieses Sozialpartnermodell wurde zusätzlich zu den fünf anderen sogenannten Durchführungswegen eingeführt, hebt die Möglichkeit von Direktversicherung, Pensionskasse, Pensionsfonds, Unterstützungskasse und Direktzusage also nicht auf. Sie ergänzt sie. Im Gegenzug werden Arbeitgeber ab 2022 verpflichtet, Beschäftigten, die für die Betriebsrente das Prinzip der Entgeltumwandlung nutzen, einen Zuschuss von 15 Prozent zu gewähren.

Um gerade Geringverdienern eine zusätzliche Vorsorge über Betriebsrenten anzubieten, erhalten die Arbeitgeber seit 2018 einen Steuerzuschuss von 30 Prozent, wenn sie Beschäftigten mit weniger als 2.200 Euro brutto eine Betriebsrente anbieten. Ein Arbeitgeberzuschuss von bis zu 480 Euro jährlich kann also mit bis zu 144 Euro vom Staat bezuschusst werden. Außerdem müssen auf Betriebsrenten im Rahmen der Riester-Förderung keine Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung mehr gezahlt werden. Die Grundzulage für Riester-Sparer wurde ferner von 154 Euro pro Jahr auf 175 Euro erhöht. Auch werden Einkünfte aus Riester-, Betriebs- und anderen freiwilligen Zusatzrenten seit 2018 bis zu einem Freibetrag von 208 Euro nicht mehr auf die Grundsicherung im Alter angerechnet.

Nur die Hälfte Passiert ist bisher aber nicht viel. Aus der Antwort der Regierung geht nämlich auch hervor, dass die Verbreitungsquote von Betriebsrenten seit 2013 stetig sinkt und 2017 nur noch 55,6 Prozent der Beschäftigten diese zweite Säule der Altersvorsorge nutzen. Dieser Wert hat sich bisher kaum geändert. Seit 2018 stieg die Zahl der Betriebsrenten-Verträge um zwei Prozent lediglich ähnlich stark wie die Beschäftigung insgesamt. Die Statistiken zeigen auch, dass gerade Geringverdiener (mit 47 Prozent) nur wenig privat vorsorgen (können). Die Bundesregierung begründet diese geringe Sichtbarkeit des neuen Gesetzes damit, dass es naturgemäß eine gewisse Zeit brauche, bis die Praxis auf neue gesetzliche Möglichkeiten reagiere. Dass sie es doch nicht ganz so gelassen nimmt, lässt allerdings ein Treffen von Bundesarbeits- und Sozialminister Hubertus Heil (SPD) mit Arbeitgebern und Gewerkschaften vermuten, zu dem der Minister Anfang dieses Jahres geladen hatte, um die Zukunft der betrieblichen Altersvorsorge auszuloten. Über den Inhalt wurde nichts bekannt.