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PKW-Maut : Warum der Telekom-Chef verärgert war

Untersuchungsausschuss befragt die ausgeschiedenen Bieter

21.09.2020
2023-08-30T12:38:23.7200Z
3 Min

Im Sommer 2018 stellte T-Systems, einer der Bieter im Vergabeverfahren Erhebung für die Pkw-Maut, eine Frage, die in den Sitzungen des 2. Untersuchungsausschusses immer wieder zu reden gibt. Ob es möglich sei, die Zahlstellen des Lkw-Maut-Betreibers Toll Collect für die Erhebung der Pkw-Maut zu nutzen, wollte die Tochter der Deutsche Telekom AG auf der allen Bietern zugänglichen Plattform wissen. Und erhielt vom Bundesverkehrsministerium die Antwort, an den Zahlstellen dürfe ausschließlich die Infrastrukturabgabe, wie die Pkw-Maut hieß, erhoben werden.

Eigenartig nur, dass das Verkehrsministerium später dem einzigen Bieter, der im Oktober 2018 ein finales Angebot abgab, dann doch die Möglichkeit einräumte, auf das Zahlstellennetz von Toll Collect zugreifen zu dürfen. Dies trug wesentlich dazu bei, dass das Konsortium aus CTS Eventim und Kapsch TrafficCom sein Angebot auf den vom Bundestag genehmigten Kostenrahmen drücken konnte.

Wie die drei zuvor ausgeschiedenen Bieter darauf reagierten und warum sie kein finales Angebot abgaben, beleuchtete der Ausschuss in seiner jüngsten Sitzung. "Wenn man in einer Ausschreibung absagt, dann sagt man ab", erklärte dabei Anne Grünkorn von der LogPay Financial Services GmbH. Die VW-Tochter hatte sich zusammen mit mehreren Partnern an der Ausschreibung beteiligt, war aber am 31. Juli 2018 aus dem Verfahren ausgeschieden. Damit sei für sie die Angelegenheit beendet gewesen, machte die Zeugin vor dem Ausschuss deutlich. Den Verzicht auf die Abgabe eines finales Angebots begründete sie damit, dass die im Vertrag vorgesehene gesamtschuldnerische Haftung für das Konsortium nicht akzeptabel gewesen sei.

Haftungsfragen gaben auch für die zum Bertelsmann-Konzern gehörende Arvato infoscore GmbH und ihren Partner, den IT-Konzern IBM, den Ausschlag, sich aus dem Rennen zurückzuziehen. Im Falle einer Verzögerung hätte eine Vertragsstrafe in dreistelliger Millionenhöhe gedroht, wie Arvato-Vertreter Kay Dallmann den Abgeordneten schilderte.

Anders als LogPay hielt sich Arvato aber ein Hintertürchen offen. Am 17. September 2018 schrieb das Unternehmen dem Verkehrsministerium, es bitte um Mitteilung, falls es zu "signifikanten Änderungen" der Ausschreibungsbedingungen kommen sollte. Tatsächlich trat das Ministerium in Verhandlungen mit CTS Eventim/Kapsch TrafficCom ein, in deren Verlauf es zu Änderungen kam: Das Konsortium erhielt nicht nur Zugang zum Zahlstellennetz von Toll Collect, sondern auch mehr Unterstützung bei den Portokosten. Diese stellten einen erheblichen Kostenpunkt dar, weil geplant war, sämtliche Autobesitzer in Deutschland anzuschreiben.

Aufmerksam verfolgt wurde diese Entwicklung bei der Deutsche Telekom AG. Denn laut dem Telekom-Vorstandsvorsitzenden Timotheus Höttges war es genau diese "extrem hohe Aufbaukostenstruktur", die den Ausschlag dafür gab, dass der Vorstand des Konzerns am 7. August 2018 beschloss, kein finales Angebot abzugeben. Höttges sprach vor dem Ausschuss von Anlaufkosten von 250 Millionen Euro, von denen der Bund ursprünglich nur 50 Millionen Euro tragen wollte.

Allerdings war der Telekom-Chef von der Bewerbung ohnehin nicht überzeugt. Es habe hohe Haftungsrisiken gegeben, und die Pkw-Maut habe auch nicht zum strategischen Ziel der Telekom gepasst, sich als Anbieter digitaler Plattformen zu profilieren, sagte Höttges. Priorität habe zudem die gleichzeitig laufende Ausschreibung um die Toll Collect GmbH gehabt. Diese Bewerbung blieb erfolglos, weil der Bund entschied, die für die Lkw-Maut zuständige Gesellschaft selbst zu behalten.

Am 13. August 2018 informierte Höttges nach eigenen Angaben Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer über die Entscheidung, nicht um die Erhebung der Pkw-Maut zu bieten. Dies sei "aus Höflichkeit" gegenüber dem größten Aktionär des Konzerns erfolgt, sagte Höttges. Seine Aussage widerspricht der bisherigen Darstellung des Ministeriums, wonach Scheuer mit Höttges nicht über die Pkw-Maut sprach.

Aufklärungsbitte Erledigt war die Angelegenheit für die Telekom damit noch nicht. Denn als Anfang 2019 deutlich geworden sei, dass die Anforderungen tatsächlich verändert worden seien, "haben wir im Vorstand sehr verärgert über diese Situation diskutiert", berichtete Höttges. Dennoch habe das Gremium darauf verzichtet, eine Klage einzureichen oder Schadenersatz zu fordern. Stattdessen habe T-Systems einen Brief an das Ministerium mit der Bitte um Aufklärung geschrieben und dabei erwähnt, dass sich der Konzern juristische Schritte vorbehalte - eingeleitet wurden diese jedoch nicht. Christian Hunziker