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DEBATTE : Frauen in der Krise

Frauen dürfen nicht zu Verlierern der Corona-Pandemie werden, lautet die Warnung im Bundestag

08.03.2021
2023-11-13T09:51:14.3600Z
3 Min

Kurz vor Beginn der jährlichen Frauentags-Debatte im Bundestag lieferte das Statistische Bundesamt am vergangenen Freitag frische Zahlen, die ein Bild bestätigen: Frauen müssen während der Corona-Krise nicht nur den Spagat zwischen Kindern und Arbeit unter verschärften Bedingungen wuppen. Sie arbeiten auch überproportional häufig in Berufen mit einem hohen Ansteckungsrisiko und einer durch die Pandemie verstärkten Dauerbelastung. Demnach sind im Lebensmittel-Einzelhandel 80 Prozent der Beschäftigten Frauen, in der Altenpflege und in Erziehung und Sozialarbeit lag der Frauenanteil bei rund 84 Prozent. Doch damit nicht genug: Frauen arbeiten außerdem häufig in Branchen, die durch die Pandemie in eine Krise gestürzt worden sind, wie im Hotel- und Gastgewerbe (64 Prozent).

Kein Wunder also, dass die Unionsabgeordnete Nadine Schön im Bundestag feststellte: "Das letzte Jahr war hart für alle, aber für Frauen eben besonders." Sie dürften nicht zu Verlierern der Krise werden, warnten die Abgeordneten fraktionsübergreifend. Ob es um die schlechtere Bezahlung, vor allem in sozialen Berufen, um die Situation im Homeoffice mit Homeschooling oder um die steigenden Fallzahlen häuslicher Gewalt ging: All diese Themen zeigten, wie sehr sich die aktuelle Pandemie-Situation auf das Leben von Frauen auswirke, oft nicht zu ihrem Besten, wie viele Rednerinnen feststellten.

Katja Mast (SPD) sagte: "Wir brauchen Gleichstellung gerade jetzt. Frauen haben im Homeoffice nicht die gleichen Bedingungen wie Männer. Die Pandemie verstärkt alte Rollenverteilungen. Frauen verdienen strukturell immer noch weniger als Männer. Frauen stehen in der Krisenverantwortung in erster Reihe, aber leider nicht, wenn es um Führungsverantwortung in der Wirtschaft geht." Diese Muster müssten endlich durchbrochen werden.

Mariana Harder-Kühnel (AfD) kritisierte die ihrer Ansicht nach "untragbare Abwertung" häuslicher Familienarbeit durch all jene, die einen "Rückschritt" für die Freiheiten der Frauen beklagen. In der Tat gebe es Rückschritte bei Freiheiten, etwa wenn Frauen nicht mehr allein joggen gehen könnten oder Angst haben müssten, zwangsverheiratet zu werden. "Dass diese Freiheiten in Gefahr sind, liegt an Ihrer Politik der ungebremsten Migration", warf Harder-Kühnel der Bundesregierung vor.

Arbeit neu denken Nadine Schön (CDU) betonte: "Frauen in der Krise, das sind die Superheldinnen, die Arbeit, Kinder, Haushalt und Pflege miteinander vereinbaren. Das sind die, die wir beklatschen, das sind die, die im Homeoffice ausgebremst sind und sich derzeit kaum noch auf lukrative Stellen bewerben. Das sind die Minijobberinnen, die kein Kurzarbeitergeld bekommen." Sie forderte: "Lasst uns Arbeit neu denken, Vereinbarkeit möglich machen, nicht mit starren Modellen, sondern mit Kreativität und Flexibilität."

Nicole Bauer (FDP) sagte: "Wir Frauen wollen unsere Zukunft in der Politik, in der Wirtschaft, in der Wissenschaft und vielen anderen Bereichen mitgestalten. Nicht die Frauen sind es, die sich anpassen müssen an längst Überholtes. Es liegt an uns als Gesellschaft, als Parlament, als Arbeitgeber, neue Rahmenbedingungen für faire, beste Startchancen zu setzen. Denken wir also neu, denken wir für ein Miteinander in Vielfalt, für einen Kulturwandel in Parteien und Unternehmen."

Cornelia Möhring (Die Linke) betonte, auch heute seien es die politische Rechte und konservative Kreise, die Gleichstellung in dem Moment ablehnten, wo sie die eigene Macht bedrohe. "Der Widerstand gegen die Parität, der Widerstand gegen die Quote zeugt davon", sagte sie und zog ein grundsätzliches Resümee: "Solange Frauen nicht das Recht haben, über den Abbruch oder das Austragen einer Schwangerschaft selbst zu entscheiden, wird es keine wirkliche Gleichberechtigung geben."

Ulle Schauws (Bündnis 90/Die Grünen) betonte, die Pandemie zeige schmerzlich, dass der Weg zur Gleichberechtigung noch weit sei. Die Regierung habe aber keinen Plan, wie sie verhindern möchte, dass Frauen zu Verlierern der Krise werden, kritisierte sie. "Wir haben kein Erkenntnisproblem, wir haben in vielem ein Umsetzungsproblem", stellte sie fest. So seien beispielsweise die Abschaffung des Ehegattensplittings und die Streichung des Paragrafen 218 aus dem Strafgesetzbuch längst überfällig.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) wollte die Kritik nicht so stehen lassen. Diese Bundesregierung habe zum ersten Mal überhaupt eine ressortübergreifende Gleichstellungsstrategie verabschiedet. Natürlich gebe es noch "Entwicklungspotenziale, das ist gar keine Frage". Dazu gehören laut Giffey die Aufwertung der sozialen Berufe, bessere Arbeitsbedingungen, die Entgeltgleichheit und der Kampf gegen Gewalt an Frauen.