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Dänemark : Warten vor Testzentren

Öffnungen trotz steigender Zahlen

10.05.2021
2023-08-30T12:39:37.7200Z
3 Min

Trotz steigender Infektionszahlen haben in Dänemark vor einigen Tagen Kinos und Fitnesszentren wieder geöffnet. Cafés, Restaurants und Bars sind - drinnen und draußen - schon seit Wochen offen, und gut besucht. Auch Museen, Zoos und Freizeitparks empfangen Besucher. Drinnen dürfen sich bis zu 25 Menschen treffen, draußen 75. Und: Alle Schüler dürfen wieder jeden Tag zur Schule gehen. "Das ist möglich, weil wir die Ansteckungen in Dänemark immer noch im Griff haben", sagt die sozialdemokratische Regierungschefin Mette Frederiksen.

Der Besuch etwa von Restaurants oder Museen ist aber an eine Bedingung geknüpft: Wer rein möchte, muss einen Corona-Pass vorzeigen. Digital in der Handy-App oder ausgedruckt auf einem Stück Papier können die Dänen beim Eintritt in die Kneipe oder beim Friseur nachweisen, dass sie entweder geimpft, genesen oder in den vergangenen 72 Stunden negativ getestet worden sind. Auch in den Schulen ist der Corona-Pass Pflicht.

Testen, testen, testen: Auf diese Strategie setzte Dänemark schon kurz nach Beginn der Corona-Pandemie massiv. Inzwischen werden rund 200.000 PCR-Tests täglich durchgeführt. Dazu kommen mehrere hunderttausend Schnelltests bei rund 5,8 Millionen Einwohnern. Unkompliziert können Bürger die Tests, die für alle kostenlos sind, innerhalb weniger Minuten online buchen. Weil sich seit den Lockerungen viele Dänen mehrfach die Woche auf das Virus testen lassen, sind die Schlangen vor vielen Testzentren, die Schnelltests anbieten, dagegen ziemlich lang.

Wer voll gegen Corona geimpft ist oder eine Infektion überstanden hat, kann sich das Warten sparen. Geimpfte genießen auch andere Freiheiten, was unter den Dänen wenig umstritten ist. Sie können etwa relativ frei reisen. Wenn sie aus einem Land mit geringem oder mittlerem Infektionsrisiko zurückkehren, müssen sie sich nicht in Quarantäne begeben.

Das gilt auch für voll geimpfte Urlauber aus Deutschland, die seit Mai wieder ohne besonderen Grund nach Dänemark einreisen dürfen. Alle anderen deutschen Touristen dürfen zwar ab Mitte Mai voraussichtlich auch wieder ins Land, müssen sich aber noch einer Quarantäne unterziehen, die sie mit einem negativen Test frühestens am vierten Tag nach ihrer Ankunft beenden dürfen.

Die komplizierten Regeln dafür, wer wann wieder nach Dänemark einreisen darf, könnten deutsche Urlauber abschrecken, fürchten Tourismusanbieter. "Bürokratisch und unklar", nennt der Direktor des Branchenverbandes der Ferienhaus-Vermieter, Carlos Villaro Lassen, die Regeln. Deutsche Gäste könnten ihren Urlaub nicht planen, weil viel von der Inzidenzzahl in ihrem Bundesland abhänge. "Deshalb glaube ich leider, dass viele eher den Flieger nach Mallorca nehmen werden, als ein dänisches Sommerhaus zu mieten."

Aufheben wird Dänemark die Quarantänepflicht für Nicht-Geimpfte nach den aktuellen Plänen erst Ende Juni. Dann rechnen die Behörden damit, dass alle Risiko-Patienten und Bürger über 50 Jahre voll gegen Corona geimpft sind.

Zunächst hatte Dänemark beim Impfen europaweit die Nase vorn gehabt. Doch die Entscheidungen, die Impfstoffe von AstraZeneca und Johnson & Johnson komplett aus dem Programm zu nehmen, haben der Impfkampagne Rückschläge verpasst. Bei der Zahl der Erstimpfungen liegt das Land mit einer Impfquote von 24,2 Prozent hinter Deutschland.

Die letzte Impfgruppe, die der 30 bis 34-Jährigen, muss laut Behörden bis Ende August auf die Impfung warten. Für viele Dänen wird der Sommer daher weiter aus regelmäßigen Tests bestehen, um dieselben Freiheiten wie Geimpfte genießen zu können. Experten bezeichnen den dänischen Impfplan sogar als zu optimistisch. Gesundheitsminister Magnus Heunicke erklärt dazu, er sei selbst "ungeduldig", verweist aber immer wieder darauf, dass die Pandemie in Dänemark unter Kontrolle sei.

Tatsächlich werden in dänischen Krankenhäusern derzeit nur 161 Covid-Patienten behandelt, 40 von ihnen auf Intensivstationen. Anfang Januar hatten knapp tausend Patienten nach einer Infektion im Krankenhaus gelegen. Seit den Lockerungen im April steigt die Zahl der Neuinfektionen wieder. Landesweit liegt die Sieben-Tage-Inzidenz aktuell leicht über hundert, in der Hauptstadt Kopenhagen bei knapp 200. Hans Jørn Kolmos, Professor für klinische Mikrobiologie an der Syddansk Universitet, nennt die Zahlen beunruhigend: "Man sieht allmählich die Folgen der Wieder-Öffnung."

Die Autorin lebt in Kopenhagen und ist freie Skandinavien-Korrespondentin.