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lebensdauer : Recht auf Reparatur

Elektrogeräte sollen länger genutzt werden. Das soll Verbrauchern und der Umwelt helfen

26.07.2021
2023-08-30T12:39:40.7200Z
3 Min

Wenn die Strümpfe Löcher haben, der Drucker streikt oder die Lampe mit Wackelkontakt nur noch selten leuchtet, wandern die Produkte meist gleich in den Müll, selbst wenn sie nicht so alt sind. Oft lohnt sich die Reparatur nicht, ein Neukauf ist billiger und weniger aufwendig. Für die Umwelt wäre die Reparatur eindeutig besser, besonders bei Elektrogeräten. Fast 20 Kilogramm Elektroschrott produzieren die Deutschen pro Kopf und Jahr. Davon ist etwa die Hälfte auf kaputte Haushaltsgeräte zurückzuführen. Deutschland ist damit in Europa ganz vorne mit dabei.

Schnell kaputt Das liegt vor allem daran, dass Elektrogeräte immer kürzer genutzt werden. Einerseits, weil die Zahl der Geräte insgesamt steigt und viele Verbraucher den Wunsch haben, immer das neueste Produkt zu besitzen. Andererseits klagen Verbraucher, dass Elektrogeräte nicht so lange halten wie früher und schwerer zu reparieren sind. Sie vermuten dahinter geplanten Verschleiß. "Wir sehen viele Geräte die kurz nach Ablauf der Garantie kaputt gehen", bestätigt Daniel Affelt, der in Berlin ein Repair-Café betreibt, wo kaputte Geräte repariert werden können.

Hersteller stehen im Verdacht, sogenannte Sollbruchstellen in Geräte einzubauen, um die Nutzungsdauer bewusst zu verkleinern und ihren Gewinn zu steigern. In der Fachsprache wird das "geplante Obsoleszenz" genannt. Das Umweltbundesamt (UBA) hat dieses Phänomen in einer Studie untersucht. Ergebnis: Zwar sinkt tatsächlich die durchschnittliche Produktlebensdauer, eine geplante Obsoleszenz kann aber nicht nachgewiesen werden. "Hersteller und Verbraucher interagieren miteinander und beeinflussen gegenseitig Produktentwicklung und Konsummuster", erklärt Ines Öhme vom UBA.

Planbare Größe Die Produktlebensdauer ist demnach eine von der Industrie planbare Größe, die auch davon abhängt, wie das Konsumverhalten der Verbraucher ist. Produkte werden so hergestellt, dass sie die Erwartungen des Verbrauchers an die Nutzungsdauer erfüllen und nicht unbedingt so lange halten, wie es technisch möglich wäre. Die Studie zeigt dennoch, dass ein Drittel der Befragten unzufrieden ist mit der Produktlebensdauer. Aus Sicht des Gesetzgebers ist die geplante Obsoleszenz schwer zu regulieren. In den seltensten Fällen kann dem Hersteller ein Vorsatz nachgewiesen werden. Hersteller begründen bestimmte Schwachstellen in Produkten auch mit der Absicht, Artikel für die Abnehmer möglichst preiswert zu halten.

Neues Recht In Deutschland gab es bislang neben dem zweijährigen Gewährleistungsrecht für neu gekaufte Waren und der Garantie, die Hersteller freiwillig festgelegen können, kaum entsprechende Regulierungen. Nun wird an anderer Stelle angesetzt. Das Europäische Parlament beschloss im November 2020 das "Recht auf Reparatur" als Zusatz in der sogenannten Ökodesign-Richtlinie. Mit der seit März 2021 geltenden EU-Vorschrift soll die Wiederverwendung und Reparatur gefördert und gegen die Verkürzung der Produktlebensdauer vorgegangen werden.

So müssen neue Geräte mit Reparaturanleitung geliefert werden und mit herkömmlichen Werkzeugen zerlegt werden können. Außerdem sollen Ersatzteile bis zu zehn Jahre nach dem Kauf des Produktes verfügbar sein. Momentan gilt die EU-Richtlinie für Kühlschränke, Spülmaschinen, Waschmaschinen und Fernseher. Die EU will bis Ende des Jahres auch Smartphones, Laptops und weitere kleine Elektrogeräte in die Richtlinie einbeziehen. Ferner sollen Hersteller künftig angeben, wie lange ein Produkt voraussichtlich funktionieren wird und es reparieren, wenn es vorher kaputt geht.

Nach Angaben der EU-Kommission sollen mit der Ökodesign-Richtlinie bis 2030 rund 167 Milliarden Kilowattstunden Strom eingespart werden. Die Ausgaben für Verbraucher sollen im Schnitt um 150 Euro pro Jahr sinken. Dass die längere Lebensdauer von Elektrogeräten für die Umwelt von großer Bedeutung ist, zeigt eine Studie des EU-Umweltbüros. Wenn alle Staubsauger, Laptops, Handys und Waschmaschinen um ein Jahr länger genutzt werden würden, könnten rund vier Millionen Tonnen Kohlendioxid (CO2) eingespart werden. Das entspricht dem jährlichen Verbrauch von zwei Millionen Autos.

Wie die Produktlebensdauer verlängert werden kann, zeigt ein Projekt in Thüringen. Hier wird ein Reparaturbonus gewährt. Wer sein defektes Elektrogerät reparieren lässt, bekommt die Hälfte der Kosten erstattet. Um den Elektromüll zu verringern, muss nachhaltiges Handeln auch finanziell sinnvoll sein, meint die Verbraucherzentrale Thüringen.