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Glosse : Modisch wird abgerüstet

Kleider machen Leute. Im Kampf gegen den russischen Aggressor werden Pullover daher jetzt politisch.

21.03.2022
2024-01-04T11:19:12.3600Z
2 Min

Den Claim "Pullis gegen Putin" (eigentlich auf unser Heizverhalten bezogen) nimmt so mancher Spitzenpolitiker gerade sehr wörtlich. Das prominenteste Beispiel ist der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. Der ehemalige Schauspieler ist sich der Macht des Auftritts bewusst und trägt seit dem Angriff auf sein Land nur noch T-Shirts und Pullover in militärischen Farben. Als oberster Befehlshaber verteidigt er sein Volk im schlammgrünen Zipper vom Präsidentenschreibtisch aus.

Ebenfalls leger gekleidet und mit Dreitagebart ließ sich nun der sonst in makellosen Anzügen auftretende französische Präsident ablichten. In seinem prunkvollen Büro im Elysee-Palast saß Emmanuel Macron in Jeans und Kapuzenpullover am Telefon. Am anderen Ende der Leitung soll US-Präsident Joe Biden gewesen sein. Macron setzte bei diesem Auftritt sogar noch einen drauf: Auf dem schwarzen Hoodie prangte das Wappen der französischen Fallschirmjäger-Spezialeinheit "CPA 10".

Wenn die Politik hemdsärmelig wird...

Eine solche Hemdsärmeligkeit wird immer dann zur Schau gestellt, wenn Politiker zeigen wollen, dass sie anpacken können, dass sie bereit sind, sich die Hände schmutzig zu machen. Das klappt nicht immer wie gewünscht, oft ist die Inszenierung hinter dem Outfit zu deutlich sichtbar - man erinnere sich an Christian Lindners Wahlkampf 2017: Der Liberale, mal im Unterhemd im Video oder ärmelkrempelnd auf dem Plakat - der Wahlkampf war zwar erfolgreich, aber es wurde auch viel über die Selbstdarstellung geschmunzelt.

Und dennoch: Auch wenn ein Kleidungsstück keinen Krieg beenden kann, so ist es zumindest ein Signal, dass kein Platz mehr ist für Eitelkeit und Oberflächlichkeit. Wenn also Pullover jetzt politisch werden, sollte in jedem Staatspalast gelten: "Pullis gegen Putin".