Inhalt

Gastkommentare - Pro
Anja Maier
Nicht für umsonst

Brauchen wir einen Pflichtdienst?

Der Bundespräsident hat eine klare Haltung, wenn es um die Einführung einer sozialen Pflichtzeit geht. Die Gesellschaft, hat Frank-Walter Steinmeier Ende Juli erklärt, stehe vor der Aufgabe, "wieder zu mehr Gemeinsinn zu kommen". Dass in diesem Zusammenhang auch über "Möglichkeiten und Chancen der sozialen Pflichtzeit" debattiert werde soll, liege für ihn auf der Hand. Ein Dienst für die Gesellschaft könne dafür sorgen, dass sich Menschen aus unterschiedlichen sozialen Gruppen wieder neu begegnen.

Noch steht das Land am Anfang dieser Debatte. Doch schon jetzt zeichnet sich ein Dissens zwischen den Generationen ab. Viele Ältere, die bis zum Aussetzen der allgemeinen Wehrpflicht im Jahr 2011 in Altenheimen oder Kultureinrichtungen gearbeitet haben, berichten von großartigen, prägenden Erfahrungen. Viele Jüngere hingegen fühlen sich in ihrer Lebensplanung bevormundet. Beide Seiten haben recht.

Pflichtzeit, Gesellschaftsjahr, Deutschland-Jahr - egal, wie das Ganze heißen mag: Um es umzusetzen, muss es zuvor ernsthaft diskutiert werden. Zu dieser Debatte gehört zwingend die Frage des Geldes. Die Zeit der Schule ist teuer für Familien. Dass sie nach zehn oder zwölf Jahren endet, darf nicht bedeuten, dass die soziale Pflichtzeit zum nächsten Stresstest für die Familienkasse wird. Wenn die Gesellschaft es für wünschenswert hält, dass sich Menschen - egal welchen Alters - für sie einsetzen, muss das auskömmlich bezahlt werden. Andernfalls würde ein ganzes Jahr kostbarer Lebenszeit zur lästigen Bürde degradiert. Füreinander da zu sein bedeutet eben auch, jene zu finanzieren, die das tatsächlich machen.

Aus Politik und Zeitgeschichte

© 2021 Deutscher Bundestag