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Angelesen : Angelesen

16.02.2009
2023-08-30T11:23:46.7200Z
3 Min

Zu den Opfern der Finanzmarktkrise gehören nicht nur die "Oberen Zehntausend", sondern auch Rentner, die am Aktien-Hype partizipieren wollten. Wer jetzt erst recht wissen will, wie es überhaupt so weit kommen konnte, sollte zum allgemeinverständlich geschriebenen Buch des früheren Chefredakteurs der "Financial Times Deutschland", Wolfgang Münchau, greifen. Er erklärt, wie es zur Insolvenz der Invest- mentbank Lehman Brothers und zur Verstaatlichung der zweitgrößten Versicherung der Welt, der American International Group (AIG), kommen konnte. Daneben kommen Wirtschaftsexperten zu Wort, deren Warnungen vor einem Crash unlängst als Schwarzmalerei verspottet worden waren. Münchau weiß, wovon er spricht, denn er hatte in seinem Buch "Vorbeben" selbst den Zusammenbruch des Finanzsektors prognostiziert.

Die letzten Sätze seiner Studie mögen zynisch klingen, aber "nach der Blase ist vor der Blase. Es ist nur eine Frage der Zeit." Im Kampf gegen den Finanz-Analphabetismus sollte Münchaus Buch bereits in den Schulen empfohlen werden.

Wolfgang Münchau:

Kernschmelze im Finanzsystem.

Carl Hanser Verlag, München 2008; 240 S., 21,90 €

Auch mit 80 Jahren hat Noam Chomsky nichts von seiner Anziehungskraft verloren. Noch immer gelten seine Schriften denen als politische Evangelien, die in den USA als "liberal" gelten. Die "New York Times" feiert Chomsky denn auch als "bedeutendsten lebenden Intellektuellen". Obwohl er sich bereits als Linguist einen Namen gemacht hatte, berühmt wurde Chomsky erst durch seine Teilnahme an den Protesten gegen den Vietnam-Krieg. Seitdem gehört er zu den radikalsten Kritikern der Außen- und Innenpolitik seines Landes. Es war daher keine Überraschung, als er sich 2003 gegen den Irak-Krieg aussprach. Von den Medien hält der Professor am "Massachusetts Institute of Technology" nicht viel. Seiner Ansicht nach sind sie Instrumente in den Händen einer Oberschicht, die ein demokratisches System vortäuschen sollen.

Es mag sein, dass Chomskys Kampf für Gerechtigkeit naiv und aussichtslos erscheint. Tatsächlich unternimmt er alles ihm Mögliche, um sich für eine bessere Welt zu engagieren. Denn Intellektuelle hätten die Verantwortung, "die Wahrheit zu sagen und Lügen aufzudecken". Noam Chomskys kontroverse Schriften sollte jeder politisch Interessierte kennen.

Noam Chomsky:

Die Verantwortlichkeit der Intellektuellen. Zentrale Schriften zur Politik.

Verlag Antje Kunstmann, München 2008; 462 S., 24,90 €

Churchill war erst 23 Jahre alt, als er beschloss, am Kreuzzug des Empire gegen die Rebellion des Mahdi Mohammed Ahmed im Sudan teilzunehmen. Der Oberbefehlshaber der britischen Truppen war "not amused", schließlich hatte sich der Kavallerie-Leutnant bereits als begabter und kompetenter Berichterstatter einen Namen gemacht. Zum damaligen Zeitpunkt hatte der künftige Premierminister und Literatur-Nobelpreisträger bereits drei Kriege überlebt und drei Bücher geschrieben, von denen sich das letzte kritisch mit dem britischen Afghanistan-Feldzug auseinandersetzte.

In seinem Vorwort bezeichnet Georg Brunold den Widerstand des Mahdi als Geburtsstunde des politischen Islam. Immerhin hatten die Aufständischen Großbritannien den Dschihad erklärt. Dabei sei die Märtyrer- armee von Anfang an gegen die mit Maschinengewehren bewaffnete britische Expeditionsarmee chancenlos gewesen. Allein in der Schlacht von Omdurman tötete die Supermacht innerhalb von fünf Stunden fast 10.000 Einheimische. Das erstmals auf Deutsch erschienene Buch Churchills über den islamischen Aufstand ist so aktuell wie vor hundert Jahren und ausdrücklich zur Lektüre empfohlen.

Winston S. Churchill:

Kreuzzug gegen das Reich des Mahdi.

Eichborn Verlag, Frankfurt/M. 2008; 480 S., 34 €