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Auferstanden aus Ruinen

ENTWICKLUNGSHILFE Vor der Haiti-Konferenz diskutiert der Bundestag über den Wiederaufbau

29.03.2010
2023-08-30T11:25:52.7200Z
3 Min

Der amerikanische Präsident Barack Obama will 2,8 Milliarden Dollar mitbringen. Catherina Ashton, EU-Repräsentantin für Außenpolitik, hat 1 Milliarde Euro für die nächsten drei Jahre versprochen. Die haitianische Regierung strebt allerdings nach noch mehr: Insgesamt 11,5 Milliarden Euro verspricht sie sich von der Geberkonferenz für den Wiederaufbau Haitis, die am 31. März in New York stattfindet.

Auch die Entwicklungshilfe-Politiker im Bundestag sehen diesem Termin mit Spannung entgegen. Am 25. März debattierten sie über den besten Weg, um Haiti wieder aufzubauen - und über die finanziellen Mittel, die dafür benötigt werden. Insgesamt vier Vorlagen standen zur Abstimmung: Angenommen wurde der gemeinsame Antrag der Koalitionsfraktionen (17/1157), abgelehnt wurden die drei Vorlagen der Oppositionsfraktionen (SPD: 17/885; Die Linke: 17/774; Bündnis 90/Die Grünen: 17/791).

1.400 Fertighäuser

Der FDP-Abgeordnete Harald Leibrecht erinnerte zu Beginn der Debatte daran, dass der Inselstaat Haiti schon vor der Erdbebenkatastrophe im Januar ein "gescheiterter Staat" gewesen sei. Ziel der Unterstützung müsse es deshalb sein, dass in Haiti ein "neuer, moderner und vor allem demokratisch fester Staat entstehen kann". Leibrecht betonte die bisherigen Leistungen Deutschlands: Die Bundesregierung habe 17 Millionen Euro an Soforthilfe bereitgestellt. Mit dem Geld habe die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit beispielsweise 1.400 Fertighäuser für etwa 7.000 Menschen gebaut. Insgesamt unterstütze die Bundesrepublik den Wiederaufbau mit 179 Millionen Euro. Leibrecht lobte aber auch die privaten Spenden: Mit 200 Millionen Euro hätten die Bürger mehr Geld für Haiti gespendet als in allen anderen europäischen Staaten.

Keine Zivilgesellschaft

Auch der SPD-Abgeordnete Sascha Raabe zeigte sich von der privaten Spendenbereitschaft angetan. Die Bundesregierung kritisierte er hingegen: Nach der Tsunami-Katastrophe im Dezember 2004 habe die damalige, rot-grüne Regierung viel mehr Hilfen, nämlich 500 Millionen Euro, bereitgestellt. "Wenn man das vergleicht, sieht man, wie gering das Engagement der Bundesregierung ist", monierte er. Raabe zeigte sich auch enttäuscht, dass CDU/CSU und FDP es abgelehnt hatten, einen Sonderfonds über 25 Millionen Euro für Haiti einzurichten. Hilfen, die Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Geberkonferenz am 31. März zusage, müssten deshalb von anderen Entwicklungshilfeprojekten abgezogen werden.

Dass Deutschland zu wenige Gelder zur Verfügung stelle, konnte der CDU-Abgeordnete Klaus Riegert nicht nachvollziehen. Er wies aber darauf hin, dass in Haiti ein "Zielkonflikt" bestehe: Auf der einen Seite gäbe es "nur eine schwache bis gar nicht vorhandene Regierung und keine Zivilgesellschaft in unserem Sinne", auf der anderen Seite dürfe die Gebergemeinschaft trotzdem "nicht gegen die Interessen der Menschen handeln". Auf dieses Dilemma hatten auch mehrere Experten von Hilfsorganisationen in der Sitzung des Entwicklungshilfe-Ausschusses am 24. März hingewiesen. Sie prangerten an, dass sich die Regierung Haitis beim Wiederaufbau bislang als ineffizient und korrupt gezeigt habe.

Riegert erwähnte die Entschuldung Haitis als wichtiges Instrument für den Wiederaufbau: Nachdem Deutschland und sechs führende Industriestaaten der G7 dem Land bereits die bilateralen Schulden erlassen hätten, forderte Riegert von internationalen Organisationen wie dem Internationalen Währungsfonds und der Weltbank ebenfalls eine Entschuldung.

Kredit verspielt

Gegen eine "Militarisierung von Aufbauhilfe" wandte sich Heike Hänsel von der Linksfraktion. Zeitweise hätte die amerikanische Regierung mehr als 20.000 Soldaten auf der Insel stationiert. Mehrere Tausend amerikanische Soldaten sollten dauerhaft auf Haiti bleiben. Auch die UN-Mission Minustah sei auf über 9.000 Soldaten aufgestockt worden. Dagegen fordere die Linksfraktion eine "rein zivile Aufbaumission" in Zusammenarbeit mit "selbstorganisierten Basisgruppen, Frauengruppen und Nachbarschaftshilfe" auf Haiti, sagte Hänsel. Auch Grünen-Politiker Thile Hoppe betonte, dass die Aufbaupläne "nicht am Reißbrett von Entwicklungsagenturen entstehen" dürften. Auch wenn die Regierung Haitis ihren Kredit verspielt habe, müsse sie in den Wiederaufbau eingebunden werden.