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FÜnf FRAGEN ZU: PERSPEKTIVEN DER EU

29.03.2010
2023-08-30T11:25:52.7200Z
2 Min

Der Lissabon-Vertrag ist seit drei Monaten in Kraft. Hat er zu einer Parlamentarisierung Europas geführt?

Der Vertrag hat die EU zweifellos demokratischer und bürgernäher gemacht. Die nationalen Parlamente können jetzt auf die europäische Gesetzgebung Einfluss nehmen. Das Europäische Parlament hat in wichtigen Politikfeldern Kompetenzen hinzugewonnen, zum Beispiel im Bereich der Landwirtschaft, der Innenpolitik und nicht zuletzt bei Haushaltsentscheidungen.

Wo sehen Sie noch Defizite?

Es ist zu früh, um das zu sagen. Wir sind noch dabei, die neuen Rechte zu implementieren. Dabei müssen wir auch Probleme lösen, denn nicht alles regelt der Vertrag im Detail. Wichtig finde ich aber, dass wir nationale Egoismen insgesamt abbauen und uns in Europa stärker solidarisieren.

In Ihrer Humboldt-Rede haben Sie eine "Parlamentarisierung der EU-Kommission" vorgeschlagen. Was verstehen Sie darunter?

Die künftigen Kommissare sollten zunächst bei den Europawahlen antreten und als Abgeordnete in das EU-Parlament ziehen. Die Mitgliedstaaten würden die EU-Kommissare dann aus den Reihen des Parlaments wählen. Die Kommissare wären so stärker demokratisch legitimiert. Bisher hat nur das EU-Parlament die volle demokratische Legitimation. Es wäre wünschenswert, wenn das bald auch für andere EU-Institutionen gelten würde.

Bundestagspräsident Lammert fordert, eine europäische Arbeitsgruppe einzurichten, um das Sprachenregime der EU zu reformieren. Unterstützen Sie diese Forderung?

Es ist gut, darüber nachzudenken, wie wir die EU effizienter machen können. Ich habe Präsident Lammert deshalb gebeten, konkretere Vorschläge zu machen, wie wir das Thema angehen können. Aus meiner Sicht wäre es von Vorteil, wenn wir eine Gruppe von europäischen Parlamentspräsidenten organisieren, um zu diskutieren, was wir ändern können.

In der EU gibt es 23 Amtssprachen. Die Folge ist der größte Übersetzungsapparat der Welt. Warum einigt man sich nicht auf eine gemeinsame Amts- und Arbeitssprache?

Es ist schwierig, über eine solche Perspektive überhaupt nur nachzudenken. Natürlich ist das Sprachenregime aufwendig. Aber es ist auch wichtig für die Mitgliedstaaten und die Bürgerinnen und Bürger. Denn eine grundlegende Überzeugung in der EU lautet: Wir sind vereint in Vielfalt. Und Sprachen spielen dabei nun mal eine wichtige Rolle. Es ist aus meiner Sicht wichtig und in einer Demokratie unerlässlich, dass die Bürgerinnen und Bürger verstehen, was auf der EU-Ebene besprochen und geregelt wird, denn dies beeinflusst letztlich ihren Alltag.

Die Fragen stellten

Johanna Metz und Nicole Tepasse.