Piwik Webtracking Image

Sparen gegen die Atomkraft

FINANZEN Die Grünen fordern Mindeststandards für ethisch ausgerichtete Geldanlagen

29.03.2010
2023-08-30T11:25:52.7200Z
3 Min

Die Wirtschaft hat längst auf "grün" umgeschaltet: Stromkonzerne stellen heute ihr Engagement bei den Erneuerbaren Energien heraus, bei Autos wird der niedrige Kohlendioxid-Ausstoß beworben, und im Lebensmittel-Einzelhandel sind Bioläden der absolute Renner. Der Trend macht selbst vor den Banken nicht halt. Im Angebot sind etwa Fonds, bei denen zum Beispiel garantiert wird, dass das Geld nicht zur Rüstungs- oder Tabakindustrie oder zu Betreibern von Atomkraftwerken wandert.

Investiert wird hingegen in Umweltsysteme und in Unternehmen, die die Menschenrechte beachten und Kinderarbeit ausschließen sowie keine Gentechnik-Produkte verwenden. Doch wo viel Licht ist, ist auch Schatten: "Nicht wenige Anbieter entdecken hier einen lukrativen Markt und die Chance, sich mit Hilfe eines ethisch klingenden Labels ein neues Kundensegment zu erschließen", warnt etwa Professor Bernhard Emunds vom Nell-Breuninig-Institut in Frankfurt. Emunds ist Leiter einer Projektgruppe, die im Auftrag der Sachverständigengruppe Weltwirtschaft und Sozialethik der Deutschen Bischofskonferenz die Studie "Mit Geldanlagen die Welt verändern?" erstellt hat. Begriffe wie Nachhaltigkeit und Ethik dürften nicht zu billigen Marketing-Instrumenten verkommen, fordert Emunds.

Anstoß von Hilfswerken

Der Markt für ethische Geldanlagen gilt als Wachstumssegment. Auch durch Anstöße von kirchlichen Hilfswerken hätten die katholischen Kirchenbanken seit ungefähr zehn Jahren das Thema des ethikbezogenen Investments aufgegriffen, sagte der Münchner Weihbischof Bernhard Haßlberger zu der Studie. Haßlberger stellte jedoch auch die Frage, in welcher Form Überprüfungen des ethisch orientierten Investments stattfinden könnten. Diese Fragen würden sich nicht nur Finanzverantwortliche, sondern auch Anleger stellen, die mit ihrem Geld Verantwortung wahrnehmen möchten.

Das Thema hat inzwischen auch den Deutschen Bundestag erreicht. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert in einem Antrag (17/795), der vom Bundestag am 25. März an die zuständigen Ausschüsse überwiesen wurde, dass die Bundesregierung Mindestkriterien für nachhaltige Finanzprodukte definieren soll.

Zu den Kriterien könnten die Einhaltung des Verbots ausbeuterischer Kinderarbeit oder der Ausschluss bestimmter Investitionsziele wie Atomkraft oder Rüstung gehören. Die Finanzmärkte sollten ökologisch, ethisch und sozial neu ausgerichtet werden. In allen Beratungsgesprächen für Finanzdienstleistungsprodukte müsse nicht nur schriftlich auf die "ethische Dimension" der Kapitalanlage hingewiesen werden. "Der Kunde soll im Beratungsgespräch gefragt werden, welche Rolle sozialökologische und ethische Aspekte bei der Auswahl des Finanzprodukts spielen werden", schreibt die Fraktion. Auch im Rahmen der staatlich geförderten Altersvorsorge solle eine jährliche Berichtspflicht über ökologische, ethische und soziale Kriterien eingeführt werden.

In der Begründung ihres Antrags schreiben die Abgeordneten, angesichts der Finanz-, Klima- und Hungerkrise müsse der Finanzsektor ökologisch, ethisch und sozial neu aufgestellt werden. Damit diese Kriterien bei der Anlageentscheidung überhaupt berücksichtigt werden könnten, müsse es eine Berichtspflicht der Unternehmen zu Klima- und Umweltindikatoren geben. Die heutigen Umwelt- und Nachhaltigkeitsberichte der großen Publikumsgesellschaften würden "allerdings eher als Marketinginstrument genutzt, um nach außen als nachhaltig wirtschaftendes Unternehmen wahrgenommen zu werden", kritisiert die Fraktion.

Nachhaltigkeitsboom

Die Abgeordneten weisen außerdem darauf hin, dass es Nachfrage in diesem Bereich gebe, wie der Boom bei den auf Nachhaltigkeit spezialisierten Banken zeige. "Die Bereitschaft der Menschen, bei der Geldanlage ökologische, soziale und ethische Kriterien zu berücksichtigen, ist größer als der derzeitige Marktanteil solcher Produkte in Deutschland von unter 1 Prozent. In Großbritannien sind es 22,5 %", schreibt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Wie wichtig Mindestkriterien und Überprüfungen bei ethisch ausgerichteten Geldanlagen sind, wurde 2009 am Fall der katholischen "Pax Bank" deutlich. Das Geld der Kunden war auch in Fonds mit Beteiligungen an Rüstungs- und Tabakfirmen sowie in Pharmaunternehmen, die Verhütungsmittel herstellen, investiert worden - angeblich unwissentlich.