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Rollende Bierkiste

LEBENSMITTEL Auch auf dem Land lohnt sich Bahntransport

12.04.2010
2023-08-30T11:25:53.7200Z
2 Min

Angefangen hat alles mit einem logistischen Albtraum. Als zu Beginn der 1990er Jahre die Brauerei in Warstein expandierte, war es mit der Ruhe in der beschaulichen Stadt am Nordrand des Sauerlandes endgültig vorbei. Mehr als 200 Lkw schlängelten sich schon damals täglich auf dem Weg zur Brauerei durch die Stadt, es gab nur eine Bundesstraße für den gesamten Lieferverkehr. "Der Verkehr stand vor dem Kollaps, wir mussten dringend etwas tun", erzählt Uwe Salvey, Logistikchef der Warsteiner Gruppe. Also kamen die Logistiker des Unternehmens auf eine naheliegende Idee. Warum nicht einen Teil des An- und Auslieferverkehrs der Brauerei auf die Schiene verlagern?

Die scheinbar einfache Idee hatte jedoch ihre Tücken. Bevor überhaupt ein Zug die Brauerei verlassen konnte, musste die Brauerei 30 Millionen Euro in einen eigenen Gleisanschluss und in ein Containerterminal investieren. Zwölf Jahre sollten vergehen, bis am 5. April 2005 endlich der erste Bierzug mit 160 Tonnen Fracht nach München rollte. Heute steuert der Bierzug drei Mal in der Woche neben München auch Berlin und Bussolonga bei Verona an. Betrieben wird der Gleisanschluss von der dem Land NRW und Kommunen gehörenden Westfälischen Landes-Eisenbahn (WLE), die als regionales Unternahmen auch den Bierzug bis ins Ausland fährt.

Weitere Ziele im Visier

Und weitere Ziele sind für die "rollende Bierkiste", wie der Zug unter Eisenbahnfans scherzhaft genannt wird, bereits in der Planung. Noch in diesem Jahr wird es voraussichtlich eine Verbindung nach Mannheim geben. Auch einige große Seehäfen sind im Gespräch, um den wichtigen Exportmarkt Nordamerika besser bedienen zu können. "Wir sind damit europaweit die einzige Brauerei, die die Bahn in diesem Umfang für sich entdeckt hat", sagt Salvey nicht ohne Stolz. Rund zehn Prozent ihres Frachtaufkommens wickelt die Brauerei über den Zug ab, der sich nicht nur rechnet, sondern auch umweltfreundlich ist. Selbst im Vergleich zu einem Lkw neuster Generation emittiert die Bahn nach Schätzungen Salveys zehn Prozent weniger CO2 und bis zu 25 Prozent weniger Stickoxid. Ginge es nach ihm, würde er mehr Bier und Malz mit dem Zug befördern. Doch die Logistik auf die Schiene ist anspruchsvoll und hat Probleme mit der fehlenden Flexibilität im Bahnverkehr. "Sie müssen die Trasse ein Jahr im Voraus bestellen und dann fahren - egal ob sie jetzt gerade Fracht haben oder nicht", ärgert sich Logistiker Salvey.

Für die leeren Rückfahrten fanden die Warsteiner Logistikprofis eine ungewöhnliche Lösung. Auf der Rückfahrt aus Italien schippert der Bierzug nun italienische Pasta und Schuhe ins Sauerland.