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Der Lkw wird zum Klimafreund

ÖKOLOGISCHE TECHNOLOGIEN Investitionen in den Umweltschutz sollen sich langfristig auszahlen

12.04.2010
2023-08-30T11:25:53.7200Z
5 Min

Ein Post-Paket reist um die Welt - im Flugzeug, im Lkw und per Bahn. Sein Inhalt? Nicht weniger als ein Wasserkraftwerk in Brasilien, ein Biomassenenergie-Projekt, und zwei Windparks in China. Möglich macht dies das Umweltschutzprogramm "GoGreen" der Deutschen Post DHL. Als erster globaler Logistikdienstleister hat sich DHL ein konkretes Klimaschutzziel gesetzt. Um 30 Prozent soll die Energieeffizienz des Konzerns bis 2020 verbessert werden. Die Kunden versenden trotzdem weiter Pakete und Briefe - die entstehenden CO2-Emissionen werden bis aufs Gramm genau berechnet, und ein Teil des Portos wird anschließend in die oben genannten und andere anerkannte Klimaschutzprojekte investiert. Es gibt aber auch noch gelbe Päckchen, denn für die klimafreundliche Versendung zahlt der Kunde extra - 10 Cent für Deutschland, 20 Cent in der EU und 70 Cent für den weltweiten Versand.

DHL ist nur einer der Logistiker, die Umweltschutz und Nachhaltigkeit für sich entdeckt haben - inzwischen stehen diese Themen ganz oben auf den Prioritätenlisten von Unternehmen. Haben sie ihr Herz für die Umwelt entdeckt? Vielleicht. Vor allem aber hat das Thema inzwischen in der Öffentlichkeit einen so hohen Stellenwert, dass kaum ein Unternehmen umhin kann, Gedanken und Geld in den Umweltschutz zu investieren.

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Das haben unter anderem Studien des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME) und des Deutschen Speditions und Logistikverbandes (DSLV) ergeben, die Verlader und Dienstleister aller Branchen 2009 zu ihren Green-Logistics-Aktivitäten befragt haben. Auch wenn es meist wirtschaftliche Motivationen sind wie die Verbesserung des Images oder das steigendes Umweltbewusstsein der Kunden, "die Branche hat die Wichtigkeit erkannt - Umweltschutz ist nicht nur unabdingbar für die Welt, in der wir leben, und für die Zukunft unserer Kinder, er ist auch ein wichtiger Wettbewerbsfaktor", so Michael Kubenz, Vize-Präsident des DSLV und geschäftsführender Gesellschafter der Spedition Kube & Kubenz.

Weltweit schmieden also Manager an der umweltfreundlichen Logistik von morgen, die trotz grünem Anstrich schnell und effizient Waren von China nach Deutschland, von England nach Skandinavien oder von Russland in die USA transportieren kann. Aber was genau ist grüne Logistik? Viele kleinere Sendungen zu einem großen Transport zu bündeln und auf dem kürzesten Weg von A nach B zu befördern, ist ein An-fang. Alternative Kraftstoffe und Lkw-Motoren, die automatisch vor einer roten Ampel ausgehen, sind ein Weg. Auch die Nutzung erneuerbarer Energien für den Betrieb eines Lagers, wie es beispielsweise DHL mit großen Solarzellen an seinem Drehkreuz am Flughafen Leipzig/Halle macht, oder allein der sparsame Verbrauch von Flächen und Wasser gehören zu einer grünen Logistik.

Fußabdruck

Vor allem aber geistert ein Fußabdruck durch die Ökobilanzen - der so genannte "Carbon Footprint", der den Ausstoß von CO2 angibt. Über 13 Prozent der weltweiten CO2-Emmissionen werden durch Autos, Lkw, Schiffe, Züge und Flugzeuge verursacht. Vereinfacht kann man sagen: Je kleiner der Fußabdruck ist, den ein Unternehmen in der Umwelt hinterlässt, desto grüner ist seine Logistik.

Besonders kleine Füße hat die Deutsche Bahn. Züge sind das umweltfreundlichste Verkehrsmittel für den Warentransport. Die 5.000 Güterzüge, die täglich über Europas Schienen rollen, ersetzen 100.000 Lkw-Fahrten. Das erspart nicht nur jede Menge Ärger und Staus auf den Autobahnen, sondern auch rund 25.000 Tonnen CO2 pro Tag. Und auch ein schwedischer Möbelriese will in kleinere Schuhe passen. So sieht man Ikea-Mitarbeiter durch die Gänge des Möbelhauses laufen. Sie suchen nach Luft. Unter dem Motto "Hunting the air" hat das schwedische Unternehmen seine Verpackungen noch Platz sparender, flacher und kompakter gemacht. Teelichter gibt es zum Beispiel nicht mehr lose durcheinander gewürfelt in den bekannten Plastikbeuteln, sondern ordentlich in Reih und Glied in der Pappschachtel - besser stapelbar können 30 Prozent mehr Packstücke, 360 statt 250 pro Palette, gleichzeitig transportiert werden: Das heißt, es werden weniger Lkw oder Container auf die Reise zu den einzelnen Märkten geschickt.

Weltweit wird nach neuen Ideen, nach größeren Visionen, nach besonders umweltschonenden Innovationen gefahndet. So testet Lufthansa Cargo wahre Leichtgewichte, um ihre Flüge nachhaltiger zu gestalten. Rund 1.000 dieser Lightweight-Container kamen bei den Tests im gesamten Lufthansa-Netz zum Einsatz. Sie bestehen aus neuen und leichten Verbundstoffen anstelle von Aluminium und senken das Eigengewicht eines Containers um 20 Prozent. Bis 2020 will Lufthansa damit seinen spezifischen Treibstoffverbrauch um 25 Prozent senken - für eine grünere Luftfahrt.

Auf den Straßen werden in nächster Zeit neuartige Lkw unterwegs sein, die mit einer klimafreundlichen Hybrid-Technologie ausgestattet sind. Sie sehen aus wie jeder andere Lkw auch - ein Führerhaus, eine Ladefläche, die Farben passend zum Unternehmen, für das sie fahren. Ausschlaggebend ist ihr Innenleben. Logistikunternehmen wie Rhenus aus Holzwickede bei Dortmund gehören hier zu den Vorreitern, die eines der zunächst 50 Fahrzeuge der Marke Mercedes einsetzen werden.

Die auf den klanghaften Namen "Atego BlueTec Hybrid" getauften Lkw können den Kraftstoffverbrauch um 10 bis 15 Prozent reduzieren. Bei Hybrid-Fahrzeugen sind zwei unterschiedliche Antriebsarten integriert. Die beim Bremsen freigesetzte Energie wird in Form von elektrischer Energie zurückgewonnen, in den Batterien gespeichert und wieder für den Antrieb über einen Elektromotor verwendet.

Eine Welt ohne Logistik ist unvorstellbar - eine Welt ohne Natur existiert nicht mehr. Beide Bereiche müssen in Einklang gebracht werden. Auf Straßentransporte kann nicht einfach verzichtet werden - nicht alle Gü-ter können mit der Bahn transportiert werden. Und was macht ein Unternehmen, das über keinen Gleisanschluss verfügt? Wie sollen Maschinen in eine Fabrik oder Paletten mit Lebensmitteln in die Supermärkte kommen? Michael Kubenz bringt es auf den Punkt: "Logistik verbindet alles. Aber wir müssen uns unserer Verantwortung gegenüber unserer Umwelt und Gesellschaft bewusst sein." Das fange schon im Kleinen etwa bei der Mülltrennung im Büro an und geht bis hin zur Optimierung ganzer Systeme, um negative Umwelteinflüsse möglichst gering zu halten. Kube & Kubenz habe als eines der ersten Dienstleistungsunternehmen für die Chemieindustrie das Selbstverpflichtungsprogramm "Responsible Care" unterzeichnet. "Verantwortliches Handel und Nachhaltigkeit wird bei uns täglich gelebt", so Kubenz.

Hamburg prescht nach vorn

Die Logistik-Initiative Hamburg geht noch weiter. Sie will ihre Heimatstadt zur "Green Logistics City" entwickeln. Sie gibt im Mai 2010 dazu unter anderem einen Leitfaden "Nachhaltigkeit in der Logistik" heraus. Daneben soll in Hamburg-Bergedorf Europas erster grüner Logistikpark entstehen.

Ein kritischer Unternehmer wird sich fragen: "Was kostet mich das alles?" Die Antwort: Was kostet es, wenn die Logistik nicht grün wird? Die andere Sicht: Blühende Wiesen, stattliche Wälder, und überall wachsen Euroblumen und hängen Geldscheine in den Bäumen - so in etwa könnte das Konzept der Logistiker aussehen, die konstatieren, dass Ökonomie und Ökologie vollkommen im Einklang stehen. Dies ist nicht ganz so. Auch wenn Energieausgaben dadurch gesenkt werden können: Nachhaltigkeit kostet zunächst Geld. "Die Investitionen amortisieren sich aber langfristig, nicht zuletzt durch eine Qualitätszunahme. Ressourcen zu schonen und energieeffizient zu agieren spart also auf lange Sicht Kosten. Ein wichtiges Beispiel hierfür ist die energiesparende Fahrweise, die den Spritverbrauch zusehends reduziert", sagt Kubenz.

Die Politik muss sich nach Ansicht des Unternehmers weiter engagieren und die deutliche Senkung von CO2-Emmissionen fördern. Ein gutes Beispiel hierfür seien die Fördermittel für die Anschaffung emissionsarmer Lkw aus dem Förderprogramm der KfW gewesen. Auch wenn in der Krise insgesamt weniger investiert werde, "sollten die Mittel nicht gekürzt werden, damit zumindest richtig investiert wird", verlangt Kubenz.

Die Autorin ist

freie Journalistin in Berlin.