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Kampf hinter den Kulissen

KUNDUS-AUSSCHUSS Der Streit um die Zeugengegenüberstellung könnte in Karlsruhe landen

07.06.2010
2023-08-30T11:25:57.7200Z
2 Min

Es ist still geworden um den Kundus-Untersuchungsausschuss seit der Vernehmung von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) am 22. April. Ist der Elan bei der Aufklärung des Bombardements in Afghanistan mit bis zu 142 Toten und Verletzten samt vielen zivilen Opfern erlahmt? Keineswegs: Derzeit findet hinter den Kulissen ein hartes Ringen über die von SPD, Linken sowie Grünen geforderte und von der Koalition bislang abgelehnte Gegenüberstellung Guttenbergs mit Ex-Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan und dem früheren Staatssekretär Peter Wichert statt, die vom Ressortchef geschasst worden waren. Bei der Sitzung des Gremiums diese Woche soll nach langem Gezerre endlich über den Antrag der Opposition abgestimmt werden.

Viele Widersprüche

Aus Sicht der Opposition haben die Anhörungen gravierende Gegensätze offenbart. So führte der Minister sein später von ihm als "Fehleinschätzung" bezeichnetes Urteil, der Luftschlag sei "militärisch angemessen" gewesen, darauf zurück, dass ihm zentrale Informationen vorenthalten worden seien. Schneiderhan und Wichert bestreiten dies vehement. "Vertuschungsvorwürfe" seien "blanker Unfug", sagt Wichert. Die ehemaligen Topbeamten betonen zudem, sie hätten dem CSU-Minister nicht geraten, anfänglich das Bombardement nicht nur als angemessen, sondern sogar als zwangsläufig zu bewerten. Widersprüchlich ist auch die Schilderung des Gesprächs am 25. November, das in den Zwangsabschied Schneiderhans und Wicherts mündete: Guttenberg sagt, die beiden hätten erst auf mehrmaliges Nachfragen die Existenz weiterer Dokumente eingeräumt - was Ex-General und Ex-Staatssekretär bestreiten. Nichtöffentlich befragen will der Ausschuss Guttenbergs seinerzeitigen Adjutanten General Peter Braunstein, der laut Ressortchef bei dem Gespräch anwesend war. Daran können sich Schneiderhan und Wichert allerdings nicht erinnern.

Bei ihrem Antrag auf Gegenüberstellung beruft sich die Opposition auf ihr Minderheitenrecht. Für Unions-Obmann Ernst-Reinhard Beck geht es hingegen um ein "Schautribunal". Die Minderheit könne zwar eine erneute Vernehmung der drei Zeugen durchsetzen. Die Mehrheit entscheide jedoch, ob dies bei einem Auftritt zu Dritt oder bei getrennten Anhörungen erfolgt. Koalition wie Opposition rechnen damit, dass der Verfahrensstreit vor dem Verfassungsgericht landen könnte.

Die politischen Interessen liegen auf der Hand: Union und FDP wollen Guttenberg aus der Schusslinie nehmen. SPD, Linke und Grüne wittern bei einer Gegenüberstellung die Chance, dem Minister medienwirksam am Zeug zu flicken.