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Aus für die Ampel-Kennzeichnung

VERBRAUCHERSCHUTZ Das Europäische Parlament stimmt gegen ein Warnsystem für Lebensmittel

21.06.2010
2023-08-30T11:25:58.7200Z
3 Min

Die Abstimmung im Ausschuss für Verbraucherschutz des Europaparlaments (EP) war denkbar knapp, das Votum im Plenum fiel dagegen sehr deutlich aus. Am vergangenen Mittwoch lehnten in Straßburg 398 Abgeordnete eine Ampel-Kennzeichnung für Lebensmittel ab, 243 waren dafür. Mit der Ampel sollten Verbraucher den Anteil von Fett, Salz oder Zucker in Lebensmitteln leichter abschätzen können. Das dreistufige System sollte Produkte mit einem roten, gelben oder grünen Punkt versehen.

Monique Goyens, Direktorin des Europäischen Verbraucherverbandes BEUC, bezeichnete den Beschluss als "sehr ernsthaften Rückschritt", da eine große Mehrheit der Europäer Umfragen zufolge die Ampelkennzeichnung befürwortet habe. Sozialisten, Grüne und die Linksfraktion im EP unterstützen die Ampel, weil sie die farbige Kennzeichnung als leicht verständlich einstufen. Doch eine Mehrheit aus Konservativen und Liberalen folgte der deutschen Berichterstatterin Renate Sommer (CDU), die die Ampel für irreführend und ineffektiv hält. "Die Ampel mit ihren willkürlichen Schwellenwerten ist wissenschaftlich nicht fundiert und kann zu Mangelernährung führen", argumentiert Sommer: "Eine zuckerfreie Cola mit Süßstoff bekäme grün und der naturtrübe Apfelsaft rot, nur weil er Fruchtzucker enthält." Der liberale Abgeordnete Holger Krahmer teilte diese Auffassung: "Die farbige Kennzeichnung ist Unsinn, denn sie suggeriert dem Verbraucher, es gäbe gute und böse Lebensmittel."

Wenig Enthusiasmus

Die Befürworter der Ampel-Kennzeichnung machen die Industrie-Lobby für das negative Votum des Europaparlaments verantwortlich. "Die Parlamentarier haben sich von der massiven Industrielobby vom eigentlichen Ziel der Kennzeichnung ablenken lassen", glaubt Rebecca Harms, Fraktionsvorsitzende der Grünen im EP.

Allerdings gab es auch in den Mitgliedsländern nie viel Enthusiasmus für die Ampel. Nach dem Votum des EP darf sie nun auch nicht mehr in einzelnen Mitgliedsländern existieren. Das Ziel der Verordnung liegt darin, die Kennzeichnung von Lebensmitteln in der EU zu vereinheitlichen.

Dennoch sieht die neue Regelung deutliche Verbesserungen für die Verbraucher vor. So müssen die Angaben zum Energie-, Salz-, Zucker- und Fettgehalt künftig auf der Vorderseite der Verpackung stehen. Erstmals muss die Herkunft von Fleisch, Geflügel, Fisch sowie frischem Obst und Gemüse deutlich angegeben werden. Milch, die behandelt wurde, um länger als sieben Tage trinkbar zu sein, darf nicht mehr als Frischmilch gekennzeichnet werden. Lebensmittelhersteller werden es zudem sehr viel schwerer haben, den Verbrauchern Imitate unterzujubeln. Analogkäse und Formfleisch müssen auf der Vorderseite der Verpackung klar als solche bezeichnet werden.

Die neuen Regeln gelten für Industrieprodukte, nicht aber für vorverpackte Frischprodukte und handwerklich hergestellte Produkte. Ausgenommen wurden auch Alkoholika. "Es ist nicht nachvollziehbar, warum andere Genussmittel wie Schokolade vollständig gekennzeichnet werden müssen, es aber nicht möglich sein soll, den durchschnittlichen Kaloriengehalt von einem Glas Wein anzugeben", kritisierte die SPD-Abgeordnete Dagmar Roth-Behrendt.

Der Rat muss noch über die neue Kennzeichnung abstimmen. Vor Februar 2011 ist aber mit keiner Entscheidung zu rechnen. Wahrscheinlich ist, dass es zu einer zweiten Lesung im EP kommt. Lebensmittelhersteller werden drei Jahre Zeit bekommen, die neuen Regeln umzusetzen, Kleinunternehmen mit weniger als 100 Mitarbeitern und einem Umsatz von weniger als fünf Millionen Euro fünf Jahre.