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Warten auf die Rechnung

Photovoltaik Der Vermittlungsausschuss vertagt den Streit um die künftige Förderung für Sonnenstrom

21.06.2010
2023-08-30T11:25:59.7200Z
3 Min

Der gordische Knoten ist noch nicht durchschlagen: Der Vermittlungsausschuss hat sich am vergangenen Mittwoch im Streit über die von der Koalition geplante und von der Länderkammer als zu drastisch bekämpfte Kürzung der Solarstromförderung um 11 bis 16 Prozent auf Anfang Juli vertagt und erst einmal eine Arbeitsgruppe eingesetzt. Eigentlich ist die Zustimmung des Bundesrats, der die Reduzierung auf zehn Prozent begrenzen will, nicht erforderlich, so dass die Parlamentsmehrheit dessen Veto letztlich überstimmen kann. Allerdings verzögert der Einspruch der Länderkammer das Gesetzgebungs- verfahren. Offen ist deshalb, ob die Koalition bei ihrer bislang mit Nachdruck verteidigten Linie bleibt oder den Kritikern entgegenkommt, um ein Inkrafttreten der Regelung im Juli zu ermöglichen.

"Die Konfrontation ist nach wie vor da", kommentiert der CDU-Abgeordnete Thomas Bareiß die Sitzung des Vermittlungsausschusses. Allerdings gebe er "die Hoffnung nicht auf", so der Energiepolitiker, "dass bis zur Sommerpause eine Lösung gefunden wird". Nur dann könne die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) noch rückwirkend zum 1. Juli greifen.

So setzt sich denn vorerst der Grabenkampf fort, bei dem sich Koalition und Opposition gegenüberstehen. Im Bundesrat lehnen vor allem ostdeutsche Länder mit Standorten der Solarindustrie und SPD-geführte Regierungen die Kürzung der von den Verbrauchern finanzierten Förderung der Elektrizitätserzeugung aus Sonnenkraft (Photovoltaik) ab. Laut EEG müssen Stromversorger den Produzenten von Solarelektrizität, die ins öffentliche Netz eingespeist wird, eine deutlich über den Marktpreisen liegende Vergütung zahlen, die über einen Aufschlag auf den Strompreis auf die Bürger umgelegt wird. Diese Bezuschussung wird 20 Jahre lang in der anfänglichen Höhe garantiert. Turnusgemäß wird die Subventionierung im Jahresrhythmus um bestimmte Prozentsätze vermindert, Anfang 2010 um neun Prozent. Sonnenenergie steuert fünf Prozent zum regenerativ erzeugten Strom bei, nimmt jedoch ein Vielfaches der EEG-Förderung in Anspruch.

Die zusätzliche Reduktion begründet die Koalition mit dem drastischen Preisverfall bei Photovoltaiksystemen, was angesichts der nur in geringem Umfang beschnittenen Förderung zu Extragewinnen bei den Solarstromherstellern zu Lasten der Verbraucher führe. Bareiß: "Bei einer Beschränkung der Kürzung auf zehn Prozent sind Renditen von über 20 Prozent zu erwarten, und dies 20 Jahre lang." Die CDU-Umweltpolitikerinnen Marie-Luise Dött und Maria Flachsbarth: "Bei einem 30-prozentigen Verfall der Anlagenpreise innerhalb eines Jahres muss die Politik reagieren." Die geplanten Absenkungen der Vergütungen gefährdeten "in keiner Weise den weiteren Ausbau der Photovoltaik". Für den FDP-Abgeordneten Michael Kauch waren im Bundesrat "Lobbyisten" erfolgreich. "Hier sollen die Traumrenditen für Anleger geschützt werden."

Weniger Vergütung

Die EEG-Vergütung für Solarstromanlagen auf Dächern soll um 16 Prozent sinken, womit die Betreiber für die Kilowattstunde noch 32 Cent statt bislang 39 Cent kassieren würden. Die Förderung für Photovoltaik auf freien Flächen soll um 15 Prozent reduziert werden. Die Produktion von Sonnenelektrizität auf Ackerflächen wird künftig überhaupt nicht mehr bezuschusst. Für Solarstrom, der auf Konversionsgelände wie früheren Müllhalden erzeugt wird, ist eine Minderung der Fördersätze von elf Prozent avisiert. Selbstnutzer von Photovoltaikelektrizität mit mindestens 30 Prozent Eigenverbrauch erhalten einen Bonus von zusätzlich 8Cent je Kilowattstunde. Kritiker befürchten negative Auswirkungen auf die Solarbranche mit ihren 70.000 Arbeitsplätzen und lehnen die Einschnitte als zu hoch ab. Wolle man der Solarenergie "zu einem entscheidenden Durchbruch verhelfen", sagt Brandenburgs Umweltministerin Anita Tack (Linke), dürfe es "keine drastische Absenkung" der Förderung geben. Nicht mit der "Axt", sondern behutsam mit dem "Skalpell" müsse man an die Photovoltaiksubventionierung herangehen, mahnt Hamburgs Umweltsenatorin Anja Hajduk (Grüne). Der SPD-Bundestagsabgeordnete Dirk Becker: "Entscheidend ist, dass die Zukunft der deutschen Solarbranche nicht aufs Spiel gesetzt wird und sie ihre technologische Vorreiterrolle behaupten kann." Mit seinem Widerstand verpasse der Bundesrat der schwarz-gelben Energiepolitik eine "schallende Ohrfeige", meint Hans-Josef Fell (Grüne).

Schützenhilfe erhält die Koalition indes vom Bundesverband der Verbraucherzentralen: Nur wegen des massiven Zubaus von 6.600 Megawatt Photovoltaik in diesem Jahr kämen auf die Bürger über insgesamt 20 Jahre Mehrkosten von 26 Milliarden Euro zu, allein deshalb drohten die Strompreise 2011 um mindestens zehn Prozent zu steigen.