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Rettungsschirm, »Eurobonds« und das Gold des Südens

HAUSHALT Am 23. September steht die Entscheidung über erweiterte Hilfsmaßnahmen für die Währung an - Spannung vor Urteil des Bundesverfassungsgerichts

29.08.2011
2023-08-30T12:16:48.7200Z
3 Min

Für den CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder geht es um die "Ertüchtigung des Rettungsschirms". Trotz der Auseinandersetzung um die Ausgestaltung der Euro-Stabilisierung zog Kauder am Abend des 23. August nach einer Sondersitzung der Unionsfraktion das Fazit: "Ich sehe, dass wir die dafür notwendigen Mehrheiten in der Bundestagsfraktion erreichen können."

Fahrplan

Der bisher bekannte parlamentarische Fahrplan sieht so aus: Am 7.September soll die Erste Lesung im Bundestag stattfinden, der den Gesetzentwurf zur Ausweitung des Rettungsschirms an den Haushaltsausschuss überweisen dürfte. Dort könnte am 19. September eine öffentliche Anhörung stattfinden. Die abschließenden Beratungen könnten im Haushaltsausschuss am 19. September und im Bundestag am 23. September stattfinden. Der Bundesrat würde ebenfalls am 23. September über das Thema abstimmen.

Begriffe

Die Institutionen, um die es geht, haben verwirrend klingende Bezeichnungen. Da ist zuerst die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität zu nennen (EFSF), eine von den Mitgliedsländern der Eurozone gründete Zweckgesellschaft. Sie steuert 440 Milliarden Euro zum Volumen des Rettungsschirms bei. An dem Schirm beteiligen sich außerdem der Internationale Währungsfonds (IWF) mit bis zu 250 Milliarden Euro und die Europäische Union mit dem Europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus (EFSM), der bis zu 60 Milliarden Euro ausgeben kann. EFSM und EFSF sollen ab Juli 2013 entfallen, wenn der der temporäre Rettungsschirm von einem permanenten sogenannten Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) abgelöst wird.

Die Bürgschaften

Um die von den Staats-und Regierungschefs der Eurozone am 21. Juli beschlossene Ausweitung der EFSF gab es Streit vor allem in der Unionsfraktion. Zwar liegt der Gesetzentwurf noch nicht vor, aber es ist davon auszugehen, dass die Euroländer über 700 Milliarden Euro an Bürgschaften bereitstellen sollen. Der deutsche Anteil wird auf über 200 Milliarden Euro beziffert. Ein Teil davon soll ab 2013 als Bareinlage (deutscher Anteil: über 20 Milliarden) hinterlegt werden.

Der EFSF soll in Not geratene Euroländer unterstützen, indem er nicht nur Kredite vergibt, sondern auch deren Staatsanleihen aufkauft. Als Voraussetzung werden Risiken für die finanzielle Stabilität der Eurozone verlangt. Staatsanleihen waren in Vergangenheit bereits von der Europäischen Zentralbank (Volumen über 100 Milliarden Euro) aufgekauft worden. Bundespräsident Christian Wulff hatte kritisiert: "Das kann auf Dauer nicht gutgehen."

Die Kritik konzentriert sich vor allem auf zwei Bereiche: Einer ganzen Reihe von Abgeordneten in Union und FDP geht der Rettungsschirm zu weit oder sie lehnen ihn ganz ab, weil sie die Insolvenz eines Staates wie Griechenland als sauberste Lösung ansehen. Der andere Bereich ist der enge Zeitplan und die generelle Frage, ob der Deutsche Bundestag an den Beschlüssen ausreichend beteiligt wird.

Nachdem in der Union besonders "Eurobonds" (eine gemeinsame Schuldenaufnahme aller Länder der Eurozone) wegen der dann gemeinschaftlichen Haftung und steigender Zinsen auf Kritik gestoßen waren, versicherte Kanzlerin Angela Merkel in der Sondersitzung der Unionsfraktion, Eurobonds seien derzeit kein Thema. Ein Vorschlag von Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU), wonach südliche Krisenländer Goldreserven als Sicherheit geben könnten, wurde von Merkel abgelehnt. Die Oppositionsfraktionen stehen den "Eurobonds" allerdings offen gegenüber.

Zum Zeitplan und zu den Parlamentsrechten bezog Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) in einem Gastbeitrag für das Handelsblatt klar Stellung: "Das Haushaltsrecht, also die Entscheidung über Einnahmen und Ausgaben, ist das Königsrecht des Parlaments. Es steht nicht zur Disposition der Regierung." Es gelte allerdings einen sinnvollen Mittelweg zu finden, präzisierte Lammert in einem Gespräch mit dem Deutschlandfunk am vergangenen Freitag: Bei Grundsatzentscheidungen über neue Milliardenhilfen muss der Bundestag zwingend befragt werden, bei weniger wichtigen Entscheidungen im Tagesgeschäft des Euro-Rettungsschirms könne die Mitwirkung des Haushaltsausschusses ausreichen.

Einverstanden mit dem Zeitplan zeigte sich der Koalitionspartner FDP, deren Parlamentarischer Geschäftsführer Jörg van Essen "eine vernünftige parlamentarische Beratung" sichergestellt sieht. Er sprach von einem Kompromiss zwischen den beiden Zielen, auf der einen Seite eine vernünftige parlamentarische Beratung sicherzustellen und auf der anderen Seite die Nervosität der Finanzmärkte nicht zu verstärken.

SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann sagte, die Bereitschaft seiner Fraktion zu den Beratungen setze voraus, "dass die Kanzlerin den Bundestag über alle Schritte in Brüssel umfassend und zügig informiert". Für Die Linke zeigte sich Dagmar Enkelmann überzeugt, dass es "aus heutiger Sicht kein Hau-Ruck-Verfahren" geben werde. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin kritisierte das "katastrophale Krisenmanagement" der Kanzlerin.

Für Bewegung in der Sache könnte noch das Bundesverfassungsgericht sorgen. Es will am 7. September sein Urteil zur Griechenland-Hilfe und zum Euro-Rettungsschirm verkünden.