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Sicher auf allen Wegen

Verkehr I Experten sehen viele Möglichkeiten, die Risiken auf den Straßen zu mindern

14.11.2011
2023-08-30T12:16:52.7200Z
3 Min

Eigentlich liest sich die Statistik vielversprechend: Die Zahl der Todesopfer im Straßenverkehr sank im vergangenen Jahr mit 3648 auf den niedrigsten Stand seit Einführung der amtlichen Straßenverkehrsunfallstatistik - und das vor dem Hintergrund, dass der Bestand und die Fahrleistung von Kraftfahrzeugen in den vergangenen vierzig Jahren um fast das dreifache zugenommen hat.

Einen "beeindruckenden Erfolg" nannte dies Professor Andre Seeck von der Bundesanstalt für Straßenwesen am vergangenen Mittwoch in der öffentlichen Anhörung des Verkehrsausschusses, bei der es um drei Anträge (Koalition: 17/5530, SPD: 17/5772, Bündnis 90/Die Grünen: 17/7466) zur Verkehrssicherheit ging.

Gesellschaftliches Anliegen

Dennoch bleibt die Verkehrssicherheitsarbeit für Seeck ein zentrales und unverzichtbares gesellschaftliches Anliegen. Denn: Neben täglich durchschnittlich zehn Toten gibt es auf deutschen Straßen jährlich 62.000 Schwerverletzte. Die gesellschaftlichen Kosten bezifferte Walter Eichendorf vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat auf 31 Milliarden Euro pro Jahr.

Die hauptsächlichen Unfallursachen sind eindeutig: Nicht angepasste Geschwindigkeit, Alkohol (18.000 Verletzte pro Jahr), Risikogruppe Junge Fahrer, Landstraßen (60 Prozent der tödlichen Verkehrsunfälle) und Zweiradfahrer.

Was kann getan werden, um die Situation zu verbessern? Für Professor Gerd-Axel Ahrens (TU Dresden), Mitglied im wissenschaftlichen Beirat beim Bundesverkehrsminister, ist eine Halbierung der Zahl der durch Straßenverkehrsunfälle getöteten Menschen bis 2020 erreichbar. Dazu müsse es eine klare Zielsetzung und klar definierte Wege zur deren Verwirklichung geben. Um diese Ziele zu erreichen, seien Maßnahmenpakete unter anderem aus den Bereichen Technik, Information bei der Ausbildung, Erziehung, Gesetze zur Überwachung und Ahndung, wirtschaftliche Anreize für den Individualverkehr sowie zur Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel notwendig.

Dauerhafte Aufgabe

Für Kurt Bodewig, Deutsche Verkehrswacht, ist die Verbesserung der Sicherheit im Straßenverkehr eine dauerhafte Aufgabe. Von der Verkehrserziehung in Kindertagesstätten und Kindergärten, schulischer Mobilitätsbildung, Fahrausbildung für junge Lenker von Kraftfahrzeugen bis zur Hilfestellung bei verändertem Wahrnehmungsverhalten im höheren Alter müsse das richtige Verhalten im Straßenverkehr immer wieder gelernt und aufgefrischt werden.

Dazu würden technische Fortschritte im Fahrzeugbau und wissenschaftliche Erkenntnisse in der Unfallforschung und in der Infrastrukturgestaltung wegweisende Impulse zur Verbesserung der Verkehrssicherheit liefern, betonte Bodewig, der früher Bundesverkehrsminister war.

Daneben versprechen sich die meisten Experten auch durch Tempolimits eine Reduzierung der Unfallopfer. So sprach sich Ahrens für Tempo 30 in innerstädtischen Bereichen und für 130 Stundenkilometer auf Bundesautobahnen aus.

Für den ADAC hingegen ist ein Tempolimit von 130 Stundenkilometer für leichte Nutzfahrzeuge laut schriftlicher Stellungnahme"kein zielführendes Instrument", um die Verkehrssicherheit auf Deutschlands Straßen zu stärken. Unfallursache bei Kleintransporten seien zum Beispiel in erster Linie auf "nicht angepasste Geschwindigkeit" und "zu geringen Abstand" zurückzuführen. Ein Tempolimit würde daher keine signifikante Auswirkungen auf Unfallzahlen haben. Der ADAC plädiere deshalb für verschärfte Sanktionen beim Unterschreiten des geforderten Mindestabstandes sowie für eine intensivere Überwachung streckenbezogener Höchstgeschwindigkeiten.

Geringe Akzeptanz

Weiter lehnte der ADAC in der Stellungnahme den Vorschlag strikt ab, die Einführung von Tempo 30 als städtische Regelgeschwindigkeit zu prüfen. Aus ihrer Sicht würde eine Regelgeschwindigkeit von 30 Stundenkilometern das abgestufte Instrumentarium zur Verkehrsberuhigung verwässern und damit die Verkehrssicherheit beeinträchtigen.

Die Akzeptanz bei den Autofahrern sei zudem gering. Stattdessen forderte der ADAC einen effizienteren Einsatz von Tempo-30-Zonen. Wie alle Experten sieht trotz aller Erfolge auch Anja Hänel vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) bei der Verkehrssicherheitslage "großen Handlungsbedarf". So sei in vielen Großstädten die Zahl der Verunglückten in den letzten fünf Jahren gestiegen. Die Angst vor den Folgen des Verkehrs schränke die Lebensqualität und die Bewegungsfreiheit vor allem von Kindern und älteren Menschen stark ein. Sie forderte deshalb eine neue Orientierung der Verkehrssicherheitsarbeit, wie sie in anderen Ländern mit dem ganzheitlichen Verkehrssicherheitskonzept "Vision Zero" schon vollzogen werde.