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SPD will »Lex Frankfurter Flughafen«

AKTUELLE STUNDE Forderung zur Tarifeinheit stößt bei den anderen Fraktionen auf Skepsis

12.03.2012
2023-08-30T12:17:27.7200Z
3 Min

"Ein Betrieb, ein Tarifvertrag" - so lautet der Grundsatz der Tarifeinheit, der jahrzehntelang in Deutschland Gültigkeit besaß. Seit das Bundesarbeitsgericht diesen im Jahr 2010 kippte, ist das anders: Heute dürfen in einem Unternehmen mehrere Tarifverträge nebeneinander bestehen. Spartengewerkschaften, die Interessen kleinerer Berufsgruppen vertreten, zeigten sich damals zufrieden - Arbeitgeber und Deutscher Gewerkschaftsbund äußerten sich dagegen in seltener Einigkeit besorgt, die Entscheidung könne eine Spaltung der Belegschaften und eine Vielzahl neuer Konflikte befördern.

Zurück auf der Agenda

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach sich seinerzeit für eine gesetzliche Regelung der Tarifeinheit aus; seither ist es still geworden um das Thema. Wieder auf die Agenda geholt hat es jetzt die SPD: Alarmiert von den jüngsten Streiks am Frankfurter Flughafen, in denen die Gewerkschaft der Flugsicherung Lohnsteigerungen für Vorfeldmitarbeiter durchzusetzen versuchte, machte sich die Fraktion in einer von ihr beantragten Aktuellen Stunde in der vergangenen Woche für eine gesetzliche Regelung zur Tarifeinheit stark. Mit ihrer Forderung, dass nur jeweils die stärkste Gewerkschaft in einem Betrieb das Streikrecht bei Tarifausenandersetzungen haben soll, steht die SPD jedoch vorerst allein. Die anderen Fraktionen reagierten auf die Forderung skeptisch.

SPD-Vizefraktionschef Hubertus Heil sagte in der Debatte, die Tarifautonomie sei ein "zentraler Grundpfeiler" der sozialen Marktwirtschaft. Eine Spaltung der Belegschaften müsse verhindert werden. Es könne nicht sein, dass sich "Spartengewerkschaften auf Kosten von Gesamtbelegschaften einen schlanken Fuß machen". Der Streik in Frankfurt sei ein Beispiel für die "Entsolidarisierung". Seine Fraktion reiche der Union die Hand, um zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen, betonte Heil.

Doch die zeigt sich zurückhaltend. Die Materie sei juristisch kompliziert und extrem komplex, sagte der Unions-Arbeitsmarktexperte Karl Schiewerling (CDU). Zudem gebe es von Gewerkschaften und Arbeitgebern höchst unterschiedliche Signale, wie einer drohenden Tarifzersplitterung begegnet werden könne. Schiewerling kündigte einen Vorschlag "in absehbarer Zeit" an. Unions-Vizefraktionschef Günter Krings (CDU) wies zudem darauf hin, dass gerade die Auseinandersetzung am Frankfurter Flughafen gezeigt habe, dass es sehr wohl bereits Möglichkeiten gebe, den Missbrauch des Streikrechts zu verhindern. Das Arbeitsgericht Frankfurt hatte Ende Februar den Ausstand der Vorfeld-Beschäftigten an Deutschland größtem Flughafen gestoppt.

Kein Königsweg

Der FDP-Arbeitsmarktexperte Heinrich Kolb betonte, Streiks seien zulässig, wenn sie für die Durchsetzung der Tarifforderungen verhältnismäßig seien - die jüngsten Auseinandersetzungen hätten aber bei vielen Menschen den Eindruck erweckt, dass es "nicht verhältnismäßig" sei, wenn 200 Mitarbeiter für Lohnerhöhungen von 40 bis 70 Prozent kämpften und dabei den weitaus größeren Teil der Belegschaft in Haftung nähmen. Er schließe, sagte Kolb, "ausdrücklich nicht aus", dass der Gesetzgeber tätig werden könnte. "Ein Königsweg" dränge sich allerdings nicht auf. Die Grünen-Abgeordnete Beate Müller-Gemmeke sagte, dass in Frankfurt Solidaritätsstreiks unterbunden worden seien, beweise, dass es rechtliche Grenzen gebe. Wer gegen eine Zersplitterung der Tariflandschaft sei, müsse unter anderem gesetzliche Mindestlöhne einführen und Leiharbeit regulieren.

Empört zeigte sich der Linksparlamentarier Michael Schlecht. Er warf der SPD vor, das Streikrecht einschränken zu wollen; dies sei eine "Perversion". Rot-Grün habe jahrelang die Macht der Gewerkschaften geschwächt und sei "hauptverantwortlich für das politische Desaster heute". Susanne Kailitz z