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Antreten zum Abtreten

VERTEIDIGUNG Bundestag billigt Begleitgesetz zur Bundeswehrreform. Opposition sieht soziale Härten

18.06.2012
2023-08-30T12:17:32.7200Z
3 Min

Die Bundeswehr muss abrüsten. Zumindest beim Personal. Auf dem Weg zu einer kleineren, beweglicheren und auch kostengünstigeren Freiwilligenarmee soll der Umfang der Streitkräfte nach dem Willen der Bundesregierugn in den kommenden Jahren auf bis zu 185.000 Soldaten reduziert werden. Mit dem Ziel, diesen Personalabbau möglichst sozialverträglich hinzubekommen, hat die Regierung den Entwurf eines Bundeswehrreform-Begleitgesetzes (17/9340) vorgelegt. Am vergangenen Donnerstag nahm der Bundestag mit den Stimmen der Koalition die vom Verteidigungsausschuss veränderte Vorlage (17/9954) an. SPD- und Grünen-Fraktion enthielten sich bei der Abstimmung. Die Linksfraktion lehnte den Gesetzentwurf ab.

Neue Einsatzmöglichkeiten

Die Neuregelung sieht unter anderem vor, für Berufssoldaten und Beamte andere Einsatzmöglichkeiten im öffentlichen Dienst zu suchen. In den Fällen, in denen die neue Verwendung mit einer verringerten Besoldung verbunden ist, soll es Ausgleichzahlungen geben. Zu den Änderungen, die der Verteidigungsausschuss vorgenommen hat, gehört auch die Steigerung des Anteils von Berufssoldaten, die vorzeitig in den Ruhestand gehen können, von 35 auf 50 Prozent.

Ebenfalls auf Betreiben des Ausschusses wurde eingefügt, dass es für freiwillig aus dem Dienst scheidende Bundeswehrangehörige keine Zuverdienstgrenzen bei einer sich anschließenden Tätigkeit in der freien Wirtschaft geben soll. Gerade Letzteres sei ein "wichtiges Signal für die Soldaten", sagte der CDU-Abgeordnete Ernst-Reinhard Beck während der Debatte.

Kritik gab es von Seiten der Opposition: Weder werde die Attraktivität der Bundeswehr erhöht, noch der Personalabbau im benötigten Umfang erreicht, befand die GrünenAbgeordnete Agnes Brugger. "Sie verschleppen die Probleme, statt sie zu lösen", sagte sie an die Bundesregierung gewandt. Der SPD-Verteidigungsexperte Lars Klingbeil (SPD) sprach von einer "vertanen Chance". Zu erwarten sei ein massiver Beförderungsstau. "Die Attraktivität der Bundeswehr wird darunter leiden", prophezeite Klingbeil. Die SPD fordere daher ein "massives Attraktivitätsprogramm für die Truppe".

Die Koalitionsfraktionen hätten bereits im Rahmen der Haushaltsberatungen einen Antrag zur Verbesserung der Attraktivität der Streitkräfte beschlossen, konterte die FDP-Abgeordnete Elke Hoff. "Ich gehe davon aus, dass diese Forderungen mit Vehemenz durch das Ministerium abgearbeitet werden", setzte sie hinzu. Hoff verwies auf Zwänge durch die Haushaltskonsolidierung. "Wir können nicht alles, was wünschenswert ist, aus dem Ärmel schütteln", sagte sie. Zugleich erinnerte sie daran, dass das Gesetz bis zum Jahr 2014 evaluiert werde. Sollte es bei der Umsetzung holpern, könne man spätestens dann die Regelungen anpassen, sagte Hoff.

Ungleichbehandlung

Das Ziel eines sozialverträglichen Personalabbaus werde mit dem Gesetz verfehlt, urteilte Harald Koch (Die Linke). Nach wie vor bleibe es auch bei der Ungleichbehandlung früherer NVA-Soldaten in Rentenfragen, kritisierte er. Der von der Koalition gelobte Wegfall der Zuverdienstgrenzen sei daher lediglich "Augenwischerei". Ein Fehler der Reform sei es auch, "immer mehr Zivile aus der Bundeswehr herauszudrängen und durch Militärs zu ersetzen", sagte Koch. Das trage "zur schleichenden Militarisierung der Gesellschaft bei". Das Gleiche gelte auch für die unter dem Deckmantel der Gleichberechtigung stattfindende verstärkte Rekrutierung von Frauen. Mit einer Militarisierung habe das nichts zu tun, widersprach die Grünen-Abgeordnete Agnes Brugger ausdrücklich. Der Bedarf an Fachkräften sei nur zu decken, wenn mehr Frauen zur Bundeswehr gingen, betonte Brugger.