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Eingefleischter Transatlantiker: Hans-Ulrich Klose

08.10.2012
2023-08-30T12:17:39.7200Z
3 Min

Clinton lernte Hans-Ulrich Klose (SPD) schon im Jahr 1954 kennen - allerdings nicht den späteren US-Präsidenten, sondern ein kleines Städtchen am Mississippi. "Das war ein Privileg", erinnert sich Klose an seinen einjährigen Besuch als Austausschüler in den Vereinigten Staaten: Als Deutschland "noch nicht so aussah, wie es heute aussah", war der kleine Ort im US-Bundesstaat Iowa für Klose der Inbegriff des amerikanischen Traums: "Da war ein Haus am Hügel, ein Boot auf dem Mississippi, die Schule hatte ein Schwimmbad und I was King", erzählt der 75-Jährige SPD-Politiker lachend von der Zeit, die nicht nur sein gesamtes Leben, sondern auch seinen politischen Werdegang entscheidend prägen sollte. In diesen Jahren, sagt Klose heute im Rückblick, haben sich weniger die Vereinigten Staaten als die Welt verändert - vor allem mit dem Ende der Ost-West-Konfrontation.

All das hat Hans-Ulrich Klose als aktiver Politiker miterlebt und auch ein Stück mitgestaltet. Das politische Handwerk hat der in Breslau geborene Klose in seiner Heimatstadt Hamburg gelernt. Hier wurde der Jurist nach seinem Eintritt in die SPD erst Innensenator und später Erster Bürgermeister. Im Jahr 1983 trat er dort ein schweres politisches Erbe an: Von Herbert Wehner (SPD) übernahm er den Wahlkreis Hamburg-Harburg. "Das war ein verdammt hoher Sockel, auf den man raufklettern musste", wusste er schon damals. Auch wenn Klose als unabhängiger und nachdenklicher Intellektueller eher ein Gegenentwurf zum aufbrausenden Herbert Wehner war, hat ihn dessen Credo sein politisches Leben lang begleitet: "Ihr müsst das Grundgesetz hüten, wie Euren Augapfel", pflegte Wehner zu sagen. Trotz des imposanten Vorgängers gewann Klose schnell die Sympathie seiner Wähler: In 30 Jahren als Bundestagsabgeordneter hat der vierfache Vater seinen Wahlkreis immer direkt gewonnen.

Wenn er im kommenden Jahr nach acht Wahlperioden aus dem Parlament ausscheidet, verliert der Bundestag einen seiner profiliertesten Außenpolitiker und engagiertesten Transatlantiker. Hier hat er alle möglichen wichtigen politischen Posten inne gehabt: Von 1991 bis 1994 war er Chef der SPD-Fraktion, anschließend vier Jahre Bundestagsvizepräsident - wobei ihn viele auch gerne als Präsident des Parlaments gesehen hätten. Seit 1998 engagierte er sich vor allem im Auswärtigen Ausschuss, dessen Vorsitzender und stellvertretender Vorsitzender er lange Jahre war und bis heute ist. Welch große Anerkennung Klose über die politischen Parteigrenzen hinweg besitzt, zeigte sich auch im Jahr 2011, als er von Außenminister Guido Westerwelle (FDP) überraschend zum Koordinator für die transatlantische Zusammenarbeit gemacht wurde - die Anerkennung für seine Arbeit geht über alle Parteigrenzen. Unter anderem deshalb, weil er immer bereit war, auch gegen die Meinung der Mehrheit für seine Überzeugungen einzustehen. Wie etwa zu Beginn der 1990er Jahre mit einer klaren Parteinahme für die Haltung der Westalliierten im ersten Golfkrieg. "Ich war damals völlig allein", erzählt er. Rückblickend glaubt er, dass seine Partei damals so kurz nach der deutschen Vereinigung noch nicht die Notwendigkeit für die Neuausrichtung der deutschen Sicherheitspolitik erkannt hatte. Für Schlagzeilen sorgte Klose auch im Jahr 2003, als er die deutsche Haltung zum "Nein" des damaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder (SPD) zum Irak-Krieg kritisierte.

Seine Meinungsbildung ist von seinen unzähligen Besuchen in den USA geprägt. Oft hat er dabei erfahren, dass die "Amerikaner anders sind, als wir uns das vorstellen". Dennoch findet Klose - und es klingt fast wie ein Vermächtnis -, dass es im transatlantischen Verhältnis vor allem darum gehe, "die gemeinsame Philosophie des Westens, die sich auf gemeinsame Werte wie das Bekenntnis zur Unantastbarkeit der Menschenwürde gründet, aufrechtzuerhalten". Klose ist optimistisch, dass sich junge Menschen, wie er seit fast 60 Jahren, weiter für die USA interessieren. Noch wichtiger ist für ihn aber, dass sich junge Menschen auf beiden Seiten des Atlantiks politisch engagieren. "Demokratie lebt davon, dass jeder Einzelne etwas zu ihrem Gelingen beiträgt."