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Gipfel der Harmonie

EUROPA EU-Staats- und Regierungschefs einigen sich auf Bankenaufsicht. Weitere Reformschritte erst 2013

17.12.2012
2023-08-30T12:17:43.7200Z
3 Min

Wer an den "Geist von Weihnachten" glaubt, der konnte ihn in diesem Jahr schon zehn Tage vor dem Fest beobachten. Auf ihrem letzten Europäischen Gipfel in diesem Jahr demonstrierten die Staats- und Regierungschefs am vergangenen Donnerstag und Freitag so viel Gelassenheit und Harmonie wie schon lange nicht mehr. "Wir hatten friedliche Momente, um zu überlegen, wie wir die EU und den Integrationsprozess weiter entwickeln können", formulierte es der finnische Regierungschef Jyrki Katainen. Ein weiterer Grund dafür dürfte aber gewesen sein, dass Themen mit Konfliktpotential, wie die Frage der Bankenaufsicht oder die neue Rettungstranche für Griechenland von den EU-Finanzministern bereits im Vorfeld weitgehend geklärt worden waren. Andere brisante Themen, wie die Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion wurden auf das kommende Jahr verschoben.

Neue Bankenaufsicht

Konkret einigten sich die Staats- und Regierungschefs darauf, dass die neue Bankenaufsicht unter dem Dach der europäischen Zentralbank zum 1. März 2014 ihre Arbeit aufnehmen soll. Überwacht werden dabei vor allem die großen Banken mit einer Bilanzsumme ab 30 Milliarden Euro oder von mehr als 20 Prozent der Wirtschaftkraft eines Landes. Genossenschafts- und Volksbanken sowie die Sparkassen bleiben damit weiter unter nationaler Aufsicht - ein Punkt, der vor allem Deutschland wichtig war. Die EZB bekommt allerdings das Recht, die Arbeit jeder der 6.000 Banken im EU-Währungsgebiet zu kontrollieren. "Das ist der erste große Schritt für eine Bankenunion", lobte Binnnenmarktkommissar Michel Barnier die Entscheidung, die im Vorfeld von Deutschland und Frankreich intensiv vorbereitet worden war. Ums Geld, genauer gesagt um die Stabilisierung des Euro, ging es auch bei der Frage, wie die Wirtschafts- und Währungsunion weiterentwickelt werden soll. Im Sommer war angekündigt worden, dass der Dezember-Gipfel dazu entscheidende Schritte beschließen sollte. EU-Ratspräsident van Rompuy hatte seine Hausaufgaben gemacht und für den Gipfel mehrere Vorschläge, wie zuletzt Anfang Dezember einen ehrgeizigen Mehrstufenplan, vorgelegt. Der Plan sah unter anderem die Schaffung eines "Eurozonen-Haushalts" vor, mit dem "Finanzschocks" innerhalb der Eurozone abgefedert werden sollten. Diese Vorschläge wurden von Regierungsvertretern hinter den Kulissen aber als "unausgegoren" bezeichnet und erstmal auf die lange Bank geschoben. Bis Juni 2013 soll van Rompuy jetzt einen Maßnahmenkatalog zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung in der Eurozone erarbeiten. Angedacht sind beispielsweise bilaterale Verträge zwischen einzelnen EU-Staaten und der EU-Kommission sowie die Schaffung eines Solidaritätsfonds.

Trotz aller Harmonie machte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach Ende des Gipfels deutlich, dass zwar einiges erreicht worden sei, vor der EU aber noch "eine schwere Zeit liegt". Die Probleme seien über eine lange Zeit aufgetreten und müssten nun über eine lange Zeit abgebaut werden. Eines dieser Probleme ist für die Kanzlerin die Frage der Wettbewerbsfähigkeit.

Wettbewerbsfähigkeit

Das hatte Merkel bereits am vergangenen Donnerstag, bei ihrer Regierungserklärung vor dem EU-Gipfel im Bundestag, deutlich hervorgehoben. "Nur mit ihr können wir Wachstum und Beschäftigung dauerhaft zurückgewinnen", sagte sie. Vor allem die industrielle Produktion in Europa müsse wieder angekurbelt werden. SPD-Parteichef Sigmar Gabriel sieht Angela Merkel dabei aber auf dem Holzweg und machte sie in seiner Rede für die steigende Jugendarbeitslosigkeit und die weiter explodierenden Schulden in Europa mitverantwortlich. Dabei kritisierte er, dass der Finanzsektor auch weiterhin nicht an den Kosten für die Finanzkrise beteiligt werde: "Gläubiger und Aktionäre müssen zur Kasse gebeten werden und nicht die Steuerzahler", forderte Gabriel.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP, Otto Fricke, warnte in der Debatte vor "einfachen Lösungen" und warf Gabriel vor, Wahlkampf auf Kosten Europas zu machen. Andere Länder würden von Deutschland auch Führung erwarten. "Führung in Europa heißt: gemeinschaftlich andere mitnnehmen", sagte Fricke. Gregor Gysi (Die Linke) sieht durch die Politik der Regierung hingegen die Akzeptanz Europas in Gefahr. Es sei nicht hinnehmbar, dass "Menschen, die nichts getan haben, die Krise bezahlen", sagte er.

Auch Katrin Göring-Eckardt, die Spitzenkandidation von Bündnis 90/Die Grünen warf der Kanzlerin vor, dass sie Deutschen Europa als "Belastung und Kostenfaktor" erkläre. Kürzungen dürften nicht nur die Ärmsten und Schwächstens treffen, forderte Göring-Eckardt und fügte hinzu: "Das ist das kalte Europa, für das sich zurecht niemand erwärmen kann."