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Dauerbaustelle BER

Flughafen Berlin Brandenburg Inbetriebnahme des neuen Airports rückt in weite Ferne

21.01.2013
2023-08-30T12:23:52.7200Z
4 Min

In Berlin spricht man von einem Debakel. Im Rest der Republik haben es viele nicht anders erwartet. Der Eröffnungstermin des neuen Flughafens Berlin Brandenburg (BER) muss zum vierten Mal verschoben werden. Bisher sollte der Hauptstadtflughafen seinen Betrieb am 27. Oktober diesen Jahres aufnehmen. Wann die ersten Flieger dort planmäßig starten können, steht zur Zeit noch in den Sternen.

Jetzt werden Schuldige gesucht. Und da der Bund neben den Ländern Berlin und Brandenburg auch Gesellschafter des Flughafens ist, forderten die Abgeordneten in der vergangenen Woche mehr oder weniger erfolgreich Aufklärung über das Debakel und sie erfuhren, dass es Änderungen im Aufsichtsrat und in der Geschäftsführung gegeben hat und weiterhin geben wird.

Neuer Aufsichtsrat

Neuer Vorsitzender des Aufsichtsrates ist der Brandenburger Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), der den Regierenden Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit (SPD) ablöst. Wowereit selbst ist jetzt stellvertretender Vorsitzender. Zudem wurde am Mittwoch Geschäftsführer Rainer Schwarz von seinen Aufgaben entbunden. Ein Nachfolger, der vor allem für die Finanzen zuständig sein soll, wird noch gesucht. Zudem wird noch ein Sprecher der dann dreiköpfigen Geschäftsführung gesucht.

Als eine seiner ersten Amtshandlungen besuchte Platzeck am vergangenen Donnerstag den Bundestagsausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, um gemeinsam mit Bundesverkehrs- und Bauminister Peter Ramsauer (CSU) und dem im Amt bleibenden Technikgeschäftsführer der Flughafengesellschaft, Horst Amann, über den Sachstand zu berichteten. Zurzeit werde eine Bestandsaufnahme des Projekts gemacht, erklärte Platzeck. Diese sei frühestens im Frühsommer abgeschlossen. Darauf aufbauend müsse dann eine Planung zur Fertigstellung gemacht werden. Erst dann könne ein Termin für die Inbetriebnahme genannt werden. Die größten Probleme gebe es in der technischen Gebäudeausstattung. Vor allem funktioniere der Brandschutz nicht und sei so nicht genehmigungsfähig.

"Der Flughafen ist das wichtigste Infrastrukturprojekt der Region", betonte Platzeck. Deshalb verbinde er auch sein politisches Schicksal damit. Die drei Anteilseigner (die Länder Berlin und Brandenburg sowie der Bund) hätten noch einmal unterstrichen, dass sie an einem Strang ziehen würden, um das Projekt erfolgreich zu beenden.

Dem stimmte auch Bundesminister Ram-sauer zu. Jetzt sei es wichtig, den Blick nach vorne zu richten. Mit der Veränderung in der Geschäftsführung sah er eine große Chance, den Flughafen möglichst schnell in Betrieb nehmen zu können. Ramsauer unterstrich die Verantwortung des Bundes. So habe der Vertreter des Verkehrsministeriums im Aufsichtsrat, Staatssekretär Rainer Bomba, neue, wichtige Aufgaben übernommen.

Die Fragen der Abgeordneten bezogen sich vor allem darauf, wann bekannt gewesen sei, dass der Termin erneut verschoben werden musste und ob die Entrauchungsanlage überhaupt abgenommen werden könnte. Amann erklärte dazu, dass er vor Weihnachten noch davon ausgegangen sei, dass der Inbetriebnahmetermin 27. Oktober 2013 eingehalten werden könnte. Tests der Entrauchungsanlage, die im Dezember ausgewertet worden seien, hätten jedoch ergeben, dass der Termin nicht zu halten gewesen sei. So habe er den Aufsichtsrat Anfang Januar entsprechend unterrichtet.

Vertreter des Planungsbüros, dem im Sommer vergangenen Jahres gekündigt worden war, betonten, dass der Bau zu 96 Prozent fertig sei. Es gebe keine Bauruine. Notwendig sei aber eine bessere Projektsteuerung und klarere Vorgaben des Bauherrn. Insgesamt habe es zu ihrer Zeit rund 500 Änderungswünsche des Bauherrn gegeben.

Während es bei der Ausschusssitzung hauptsächlich um die Ursachen für das Debakel ging und der Blick auf eine möglichst schnelle Fertigstellung gerichtet war, ging es in einer Aktuellen Stunde in der vergangenen Woche vor allem um die politische Verantwortung: Sie scheint jeweils beim politischen Gegner zu liegen.

So stellte der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Sören Bartol, fest, dass sich seine Parteifreunde Wowereit und Platzeck der Verantwortung gestellt und in ihren Parlamenten die Vertrauensfrage gestellt hätten. Demgegenüber beschränke sich Ramsauer darauf, auf die Rolle des Bundes als Minderheitsgesellschafter zu verweisen und sich hinter seinem Staatssekretär Bomba zu verstecken.

Peter Wichtel (CDU) hielt Wowereit für den Hauptverantwortlichen. Leider sei von ihm kein Wort des Bedauerns zu hören. Der Wechsel in der Spitze des Aufsichtsrats sei lediglich ein Ablenkungsmanöver der SPD. Auch Platzeck sei in diesem Amt eine "klassische Fehlbesetzung". Für Martin Lindner (FDP) hat Wowereit "jämmerlich" versagt. Deshalb forderte der Berliner Abgeordnete auch den Rücktritt Wowereits als Regierender Bürgermeister.

"Ruine hinterlassen"

Für den Vorsitzenden des Verkehrsausschusses, Anton Hofreiter (Bündnis 90/Die Grünen), hat der Aufsichtsrat aus einer Baustelle eine Ruine gemacht. Jetzt würden die Beteiligten sich gegenseitig die Schuld zuschieben, obwohl sie vorher einvernehmlich entschieden hätten. Minister Ramsauer ginge es nicht darum, das Problem zu lösen, sondern darum, wie man daraus politisch Kapital schlagen kann. Stefan Liebich (Die Linke) erinnerte daran, dass alle Parteien beteiligt seien. Es führe nicht weiter, sich gegenseitig die Schuld zuzuschieben. Die wirklich Leidtragenden seien zum Beispiel die Unternehmer, die sich auf die Politik verlassen und auf dem Flughafen investiert hätten. Jetzt müssten sie Konkurs anmelden und ihre Mitarbeiter entlassen.