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Der Freiheitsbewusste: Patrick Kurth

25.03.2013
2023-08-30T12:23:56.7200Z
3 Min

Patrick Kurth sagt es unumwunden: "Solange sich frühere Täter und Opfer noch im Arbeitsleben über Weg laufen können, brauchen wir die Stasi-Unterlagenbehörde." Also noch einige Jahre über 2019 hinaus, wenn nach dem derzeitigen Gesetz die Tätigkeit der vom Bürgerrechtler Roland Jahn geleiteten Behörde enden soll und die Akten womöglich ins Bundesarchiv kommen.

Der Thüringer FDP-Bundestagsabgeordnete Kurth sitzt im Beirat der Stasi-Aktenbehörde und ist in der Fraktion Hauptberichterstatter für die Aufarbeitung des DDR-Unrechts. Im Wendeherbst 1989 war Patrick Kurth erst 13. Wieso engagiert sich der heute 36-Jährige so für dieses Thema? "Ich fühlte mich später vom DDR-System missbraucht", sagt Kurth. Er hatte in jungen Jahren schon das "volle DDR-Programm" genossen, war bei den Jung- und Thälmann-Pionieren. Dass eine Diktatur die Jugend indoktriniert, soll sich in Deutschland nicht noch einmal ereignen, sagt der zweifache Familienvater. Kurth: "Die Jugend muss urteilsfähig bleiben."

Entsprechend ist sein Engagement für die Aufarbeitung der SED-Diktatur. Dazu gehört auch die Bewältigung des Stasi-Imperiums. So hat der Liberale aus Sondershausen Sympathien für die Ideen Roland Jahns, der seiner Behörde neben der Aktenerschließung weitere Aufgaben zukommen lassen will, so die Aufarbeitung der DDR-Diktatur. "Die Politik ist gefordert zu sagen, wie es nach 2019 mit der Stasi-Unterlagenbehörde weiter geht." Ein Unding ist es für Kurth auch, dass Bürger mittlerweile bis zu drei Jahre warten müssten, bis sie ihre Stasi-Akten einsehen könnten. Zuletzt seien die Anträge wieder gestiegen, auch wegen erweiterter gesetzlicher Möglichkeiten. Kurth: "Der Bundesbeauftragte für Kultur und Medien muss darauf reagieren." Womöglich könne der Personalabbau nicht in dem Maß weitergehen wie in der vergangenen Jahren.

Der vergangene Woche im Bundestag vorgelegte Regierungsbericht zur Aufarbeitung der SED-Diktatur ist für Patrick Kurth "beeindruckend". Vor allem die Aussage, dies sei eine gesamtdeutsche Aufgabe. Den jungen FDP-Abgeordneten ärgern Haltungen im Westen, all das gehe die Bürger dort eigentlich nichts an. Dabei hätten DDR und Stasi breit in die Politik des Westens eingewirkt. So bei den 68ern. Bekannt sei, dass der Mörder von Benno Ohnesorge ein Stasi-Mann war. Oder dass Beate Klarsfeld für ihre Ohrfeige gegen Kanzler Kiesinger Geld von SED bekommen habe. "Aber wieviel ist noch nicht bekannt oder erforscht?", fragt Kurth. Etwa, ob und wie die vielen linksextremen Kleingruppen im Gefolge der 68-er Bewegung von der DDR unterstützt worden seien. Oder die Zwangsarbeit in DDR-Gefängnissen bzw. Medikamentenversuche an DDR-Bürgern für Westfirmen. Alles Aufgaben für eine notwendige Aufarbeitung der DDR-Zeit. Wichtig ist es für den FDP-Abgeordneten, die Jugend, die nicht mehr die "Generation Wandzeitung" sei und Honecker für einen Bundeskanzler halte, an die DDR-Diktatur heranzuführen. Das Thema müsse jetzt vor allem im Internet ansprechend für die Jüngeren aufbereitet werden.

Kurth sitzt seit 2009 im Bundestag, gehört dem Kultur- und Auswärtigen Ausschuss an und ist auch Sprecher Ost der FDP-Fraktion. Zur Politik stieß er 2002, als er nach dem Studium der Politik- und Rechtswissenschaft sowie Neueren Geschichte als Referent bei einem FDP-Bundestagsabgeordneten arbeitete und damals in die Partei eintrat. "Ich wollte, dass Rot-Grün beendet wird", sagt Patrick Kurth. Seither hat er eine steile Parteikarriere hingelegt. 2004 wurde er FDP-Generalsekretär in Thüringen. Gemeinsam mit Landeschef Uwe Barth gelang es ihm, die zerstrittenen Landes-Liberalen wieder in ordentliche Fahrwasser zu manövrieren.

Das Freiheitsthema ist auch heute für Patrick Kurth ein zentrales Anliegen: "Freiheit kann auch in der Demokratie, Stück für Stück und mit jeweils guten Begründungen, abgebaut werden." Dafür hätten "gelernte DDR-Bürger" ein feineres Gespür als ihre Landsleute im Westen. Als Spitzenkandidat Nummer eins auf der FDP-Landesliste dürfte Kurth auch dem nächsten Bundestag angehören, sofern die FDP die Fünf-Prozent-Hürde meistert. Was bleibt an Hobbys? Geschichtsbücher lesen und Kicken beim FC Bundestag. Als linker Verteidiger - das sei aber keinesfalls politisch zu verstehen, schmunzelt Kurth.