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Die Zukunft liegt auf hoher See

wirtschaft Deutsche maritime Wirtschaft hat enormes Wachstumspotenzial. Probleme bei der Schiffsfinanzierung

25.03.2013
2023-08-30T12:23:57.7200Z
4 Min

Regierung und Koalitionsfraktionen haben ein positives Bild der maritimen Wirtschaft in Deutschland gezeichnet. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Hans-Joachim Otto (FDP), erklärte am Freitag im Bundestag: "Die maritime Wirtschaft in Deutschland ist eine strategisch unverzichtbare Zukunftsbranche mit einem überdurchschnittlichen Wachstumspotenzial." Deutschland als drittgrößtes Exportland der Welt brauche ein "starkes maritimes Cluster". Eckhardt Rehberg (CDU) sprach von einer Erfolgsbilanz in diesem Wirtschaftszweig. So sei die Zahl der Landarbeitsplätze seit 1999 von 16.000 auf 23.000 gestiegen, und es gebe eine effiziente Zusammenarbeit von Staat und Wirtschaft zur Nachwuchsausbildung.

SPD vermisst Antworten

Dagegen zeichnete die Opposition ein anderes Bild. Die Bundesregierung habe in wichtigen Handlungsfeldern keine Antworten geliefert, klagte Uwe Beckmeyer (SPD). Die maritime Wirtschaft, eine Schlüsselbranche, sei auf sich gestellt. "Die Bundesregierung versteht sich als moderierend. Handeln ist nicht so ihr Ding", sagte Beckmeyer, der der Regierung vorwarf, dem maritimen Standort zu schaden und einen Kurswechsel forderte. Der Modernisierungsprozess müsse mit einer strategischen Industriepolitik gesteuert worden. Dafür seien vier Dinge wichtig: Finanzierung, Förderung zukunftsfähiger Arbeit, eine umfassende Innovationsstrategie und die Stärkung der Infrastruktur.

Der Parlamentarische Staatssekretär im Verkehrsministerium, Enak Ferlemann (CDU), antworte Beckmeyer, er habe über ein Land geredet, "das ich gar nicht kenne". Die Bundesrepublik könne das nicht sein. Ferlemann lobte den intensiven Austausch von Politik und maritimer Wirtschaft bei der "Maritimen Konferenz" im April in Kiel: "Viele andere Branchen würden sich wünschen, dass es so eine Gelegenheit gibt, sich auszutauschen." Die maritime Politik sei bei Bundesregierung und Koalition in guten Händen, versicherte Ferlemann, der die maritime Politik als nationale Aufgabe bezeichnete. Auf einen besonderen Aspekt verwies Ingbert Liebing (CDU): Danach wird die Offshore-Stromerzeugung "Wachstumstreiber der maritimen Wirtschaft" sein. Torsten Staffeldt (FDP) bezeichnete die deutsche maritime Wirtschaft "nach wie vor starken Player auf dem Weltmarkt", der erhalten werden müsse.

Dagegen verwies Herbert Behrens (Fraktion Die Linke) auf die zurückgehende Zahl der Schiffe unter deutscher Flagge. 600 Schiffe sollten es nach der Vereinbarung im maritimen Bündnis vor zehn Jahren seien. Es sei aber nur halb so viele. Die Bundesregierung müsse auf europäischer Ebene aktiv werden, um den Subventionswettlauf zu stoppen, verlangte Behrens, der zudem den Bau und Export von Kriegsschiffen ablehnte. Die Mittel müssten in den zivilen Schiffsbau umgelenkt werden.

Valerie Wilms (Grüne) kritisierte die Debatte als "übliche parlamentarische Beweihräucherungsschau" kurz vor der "Maritimen Konferenz". Die deutsche maritime Wirtschaft sei weitgehend verschwunden. Deutschland habe zwar die weltweit größte Container-Schifffahrt-Nation, aber nicht unter deutscher Flagge. Es gebe eine "riesige Schiffsblase, die in Kürze platzen wird", warnte sie. Die Regierung müsse endlich aus dem "maritimen Tiefschlaf" erwachen.

In dem an die Ausschüsse überwiesenen Dritten Bericht der Bundesregierung über die Entwicklung und die Zukunftsperspektiven der maritimen Wirtschaft in Deutschland (17/12567) heißt es, Deutschland besitze mit 3.750 Handelsschiffen nicht nur die drittgrößte Handelsflotte weltweit, sondern auch die jüngste und modernste. In dem als Unterrichtung vorgelegten Bericht wird der weltweite Marktanteil der deutschen Handelsflotte auf 9,4 Prozent beziffert. Aufgrund der Überkapazitäten auf dem Weltmarkt seien die Fracht- und Containerraten massiv eingebrochen und hätten die Betriebs- und Finanzierungskosten nur noch zum Teil gedeckt. "Für 2013 ist noch mit keiner nachhaltigen Besserung der Lage in der internationalen Seeschifffahrt zu rechnen", prognostiziert die Regierung, die sich aber andererseits überzeugt zeigt: "Die maritime Wirtschaft bleibt eine Zukunftsbranche, auch wenn das Wachstum gegenwärtig durch eine gedämpfte globale Wirtschaftsentwicklung und den Auswirkungen der Euro- und Bankenkrise spürbar gebremst wird." Die deutschen Werften hätten sich insbesondere durch die Konzentration auf den Spezialschiffbau 2012 gut behaupten können.

In einem vom Bundestag beschlossenen Antrag der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP (17/12817) wird die Regierung aufgefordert, die Probleme der Schiffsfinanzierung zu lösen. Zu den weiteren Forderungen der Koalition gehören eine Verstetigung der Fördermittel für die Seeschifffahrt und die Schaffung einer einheitlichen modernen Flaggenstaatverwaltung, "um die Attraktivität der deutschen Flagge zu stärken". Außerdem sollen Engpässe beim Seehinterlandverkehr beseitigt werden. Beide Fraktionen fordern einen beschleunigten Ausbau der Offshore-Windenergie.

Abgelehnt wurde ein SPD-Antrag (17/12723), in dem ein erheblicher Anpassungsdruck der maritimen Wirtschaft festgestellt wird. Die Bundesregierung müsse den Prozess der Neuausrichtung der maritimen Wirtschaft aktiv steuern. "Doch die Bundesregierung setzt in wichtigen Handlungsfeldern der maritimen Politik auf eine Liberalisierung von Märkten und den Rückzug des Staates - eine Haltung, die dem maritimen Standort insgesamt schadet", wird kritisiert. Abgelehnt wurde mit Koalitionsmehrheit auch ein Antrag (17/12697, 17/12878) der Grünen. Die Fraktion verlangt, die Tonnagebesteuerung von Schiffen europäisch zu harmonisieren und ein europäisches Flaggenregister einzuführen. An die Ausschüsse überwiesen wurde ein Antrag der Linksfraktion (17/12823), in dem unter anderem ein Ende des Subventionswettbewerbs gefordert wird.