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Mittelstand ist das Herz der Ökonomie

Wirtschaft Alle Fraktionen wollen mehr für kleinere und mittlere Firmen tun

29.04.2013
2023-08-30T12:23:59.7200Z
4 Min

Kleine, aber feine Unternehmen und vor allem unverzichtbar: Die Fraktionen des Deutschen Bundestages haben ein klares Bekenntnis zum deutschen Mittelstand abgelegt. "Deutschland ist erfolgreicher als alle andere Länder aus der Krise herausgekommen", stellte FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle am Donnerstag in der Debatte des Bundestages zum Mittelstand fest. Brüderle beschrieb die Unternehmenslandschaft mit den vielen kleinen und mittleren Betrieben als "Modell Deutschland".

Mittelstand sei nicht irgendeine Betriebsordnung, sondern "Mittelstand ist eine Geisteshaltung, ist eine eigene Richtung, eine eigene Gedankenwelt. Da wird in Generationen und nicht in Quartalen gedacht", sagte Brüderle, der von "einem neuen deutschen Wirtschaftswunder" sprach.

Brüderle lobte die Exporterfolge der mittelständischen Firmen: "Die Ausländer kaufen freiwillig unsere Produkte, weil sie gut sind. Das ist keine Zwangsabgabe." Für Wachstum und Wohlstand sorge aber auch die christlich-liberale Politik, von der die Weichen richtig gestellt worden seien. Rot-Grün setze dagegen nur auf neue Steuerbelastungen und mehr Staat. Brüderle rief: "Wir brauchen mehr richtige Ingenieure und weniger rot-rot-grüne Sozialingenieure."

Auch Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) lobte den Mittelstand als "Geisteshaltung, der sich diese Koalition in besonderer Weise verpflichtet fühlt". Rote, Grüne und Linke hätten kein Interesse am unternehmerischen Mittelstand und würden massiv Politik gegen ihn betreiben.

Hubertus Heil (SPD) warf Brüderle vor, eine "dampfplaudernde Rede" gehalten zu haben und beklagte den massiven Verfall der Infrastruktur in Deutschland. Kanäle und Autobahnbrücken müssten gesperrt werden, weil die Regierung die notwendigen Investitionen nicht schultern könne. Der schlechte Zustand der Infrastruktur wirke sich auch nachteilig auf den Mittelstand aus, und das zeige, wie die Bundesregierung den Mittelstand vernachlässige.

Fachkräftemangel

Heil warf der Koalition vor, nichts gegen den Fachkräftemangel zu tun, der besonders kleinen Betrieben zu schaffen mache. Immer mehr junge Menschen hätten keinen Schul- und Berufsabschluss. Die Regierung müsse mehr für das duale System tun, unterlasse das aber. "Und wo ist die steuerliche Forschungsförderung geblieben, die Sie versprochen haben?", fragte Heil, der der Koalition auch vorwarf, den Gründungszuschuss für Existenzgründer gestrichen zu haben. "Wir brauchen eine Gründerkultur in Deutschland", forderte Heil.

Sichere Stellen

"Das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, der Garant für die sicheren Arbeitsplätze, das sind und bleiben der Mittelstand und die deutschen Familienunternehmen", stellte Christian Freiherr von Stetten (CDU) fest. Diese 3,7 Millionen Firmen seien das "Herz unserer Wirtschaft". Über 70 Prozent der Arbeitnehmer seien dort tätig. Die SPD-Mittelstandspolitik bestehe aus höheren Einkommen-, Vermögens- und Erbschaftsteuern. Die Wiedererhebung der Vermögensteuer und die Erhöhung der Erbschaftsteuer seien jedoch "Gift für den Mittelstand".

Dietmar Bartsch (Linke) sagte, wichtig seien die Ergebnisse der Politik. Doch 0,5 Prozent Wirtschaftswachstum sei faktisch nichts. Völlig unbestritten sei, dass der Mittelstand viel geleistet habe. Aber Mittelstand sei keine Geisteshaltung, sondern viel differenzierter zu sehen, sagte Bartsch zu Brüderles Äußerungen.

Man müsse den Mittelstand gegenüber den Großunternehmen stärken. Doch da sei nichts passiert, kritisierte Bartsch, der die Koalition auch an die hohe Arbeitslosigkeit und niedrige Löhne in den neuen Ländern erinnerte. Ein großes Problem sei zudem die Abwanderung, sagte Bartsch, der Die Linke als "mittelstandsfreundliche Partei" charakterisierte. Er forderte, den öffentlichen Finanzsektor stärker auf die Förderung und Finanzierung des Mittelstandes zu konzentrieren.

"Der wichtigste Rohstoff, den wir haben, das ist Grips", stellte Tobias Lindner (Grüne) zum Thema Infrastruktur fest. Infrastruktur bestehe nicht nur aus Beton. Für eine gute Bildungs- und Fachkräftepolitik werde ein handlungsfähiger Staat gebraucht. Lindner warf der Koalition vor, ihre Politik bestehe nur noch aus Abwehrreaktionen gegenüber grüner und roter Steuerpolitik. Das sei eine "Armutsbilanz".

Zur Steuerpolitik sagte Lindner, der deutsche Mittelstand habe keine Steuerschlupflöcher, während internationale Großunternehmen so gut wie keine Steuern in Deutschland zahlen würden. "Da müssen wir gerade auch im Interesse des deutschen Mittelstandes gegensteuern", verlangte Lindner.

Mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP beschloss der Bundestag einen von den beiden Fraktionen gemeinsam eingebrachten Antrag (17/12700). Darin setzen sich die Fraktionen für die Einführung einer steuerlichen Forschungsförderung ein. Die deutschen kleinen und mittleren Unternehmen würden zu den innovativsten in Europa gehören, betonen die Koalitionsfraktionen. 54 Prozent von ihnen hätten zwischen 2008 und 2010 eine Prozess- oder Produktinnovation auf den Markt gebracht.

Als Herausforderungen nennen die Fraktionen das demografiebedingte Schrumpfen des Fachkräfteangebots in Deutschland und die stark steigenden Kosten im Bereich der Energieversorgung. "Steuererhöhungen würden gerade den Mittelstand ins Herz treffen und die gute wirtschaftliche Entwicklung im Lande unmittelbar gefährden", warnen die Fraktionen, die sich besonders gegen die Einführung einer Vermögensteuer wenden.

Abgelehnt wurde ein Antrag der SPD-Fraktion (17/13224) mit dem Titel "Bessere Politik für einen starken Mittelstand - Fachkräfte sichern, Innovationen fördern, Rahmenbedingungen verbessern". Darin wird unter anderem die Weiterentwicklung der Arbeitslosenversicherung zu einer Fachkräftesicherung gefordert. Zu den verlangten Maßnahmen gehört auch eine Verbesserung der Transparenz und Vergleichbarkeit der Berufsabschlüsse In der Energiepolitik will die SPD-Fraktion zur Dämpfung der Strompreisentwicklung als Sofortmaßnahme eine Senkung der Stromsteuer. Im Finanzteil des Antrags spricht sich die Fraktion für die Einführung einer Vermögensteuer aus, "um den Ländern die notwendige Erhöhung der Bildungsinvestitionen zu ermöglichen".