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Streit um das Sprachniveau

AUFENTHALTSRECHT I Von Schwarz-Gelb durchgesetzte Neuregelungen sind der Opposition zu restriktiv

21.05.2013
2023-08-30T12:23:59.7200Z
3 Min

Es ist nicht so, dass die Opposition dem vergangene Woche vom Bundestag verabschiedeten Gesetzentwurf der Bundesregierung "zur Verbesserung der Rechte von international Schutzbedürftigen und ausländischen Arbeitnehmern" (17/13922) gar keine guten Seiten abgewinnen konnte. So begrüßte für Die Linke ihre Abgeordnete Ulla Jelpke unter anderem die vorgesehenen Erleichterungen beim Nachzug von Kindern, und für den SPD-Abgeordneten Rüdiger Veit war es schon eine "positive Erwähnung" wert, dass Schwarz-Gelb es schaffe, "Richtlinien des Europäischen Parlaments annähernd fristgerecht in nationales Recht umzusetzen". Dies sei schließlich "alles andere als selbstverständlich", gab Veit zu Protokoll.

Gleichwohl fand die mit den Stimmen der Koalitionsmehrheit in der Ausschussfassung (17/13536) verabschiedete Vorlage nicht die Zustimmung der Oppositionsfraktionen. Man dürfe sich, monierte der Grünen-Parlamentarier Memet Kilic, "nicht damit zufriedengeben, dass die Bundesregierung EU-Richtlinien entlang ihrer Mindestanforderungen umsetzt, nur um keine Untätigkeitsklage vor dem Europäischen Gerichtshof zu riskieren".

Anwendungsbereich erweitert

Mit dem Gesetz sollen zwei EU-Richtlinien in innerstaatliches Recht umgesetzt und zudem "weitere Anpassungen im Aufenthaltsrecht vorgenommen werden", die laut Regierung "überwiegend klarstellende Funktion haben". Mit der einen EU-Vorgabe wurde der Anwendungsbereich der sogenannten Daueraufenthaltsrichtlinie auf Ausländer erweitert, die internationalen Schutz genießen. Die Daueraufenthaltsrichtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, Drittstaatsangehörigen, die sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig in ihrem Hoheitsgebiet aufhalten und bestimmte Voraussetzungen erfüllen, die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigen zu gewähren. "Hiermit einher gehen bestimmte Gleichbehandlungsrechte in Bezug auf den Arbeitsmarktzugang und die soziale Sicherung sowie ein Weiterwanderungsrecht innerhalb der EU", schreibt die Regierung in der Begründung des Gesetzentwurfs. Durch die "Erweiterung des persönlichen Anwendungsbereichs der Daueraufenthaltsrichtlinie" kämen nun auch Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte in den Genuss dieser Rechte.

Die zweite Richtlinie sieht die Einführung eines "kombinierten Aufenthaltstitels für Aufenthaltserlaubnisse zum Zweck der Erwerbstätigkeit" und eine "verfahrensrechtliche Bündelung der Entscheidungen zu Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis" vor, die in Deutschland bereits 2005 eingeführt wurden. Darüber hinaus regelt sie bestimmte Gleichbehandlungsrechte insbesondere im Renten- und Sozialrecht. Umsetzungsbedarf besteht laut Bundesregierung vor allem im Rentenrecht.

"Signifikant erleichtert"

Für den CSU-Parlamentarier Michael Frieser werden die Neuregelungen "die Situation der in diesem Land lebenden Schutzbedürftigen nachhaltig und deutlich verbessern". Zugleich würden dringend benötigten qualifizierten Arbeitskräften zusätzliche Anreize geboten, argumentierte er. So werde "allen Familienangehörigen, die im Wege des Familiennachzugs nach Deutschland kommen, unmittelbar nach Einreise und unabhängig von der jeweiligen Qualifikation voller Zugang zu jeglicher Erwerbstätigkeit ermöglicht". Friesers FDP-Kollege Hartfrid Wolff verwies darauf, dass der Kindernachzug "signifikant erleichtert" werde: "In Zukunft kann das Kind auch bei gemeinsamem Sorgerecht zu nur einem Elternteil nachziehen, wenn der andere Elternteil zustimmt".

Wie Wolff verteidigte Frieser die steigenden Anforderungen an die Deutschkenntnisse nachgezogener Familienangehöriger von Deutschen für die Erteilung einer unbefristeten Niederlassungserlaubnis. Selbst wenn ein Angehöriger aufgrund der Neuregelung keine Niederlassungserlaubnis erhalte, müsse er nicht ausreisen, sondern habe weiterhin eine Aufenthaltserlaubnis, unterstrich er.

"Ältere benachteiligt"

Veit nannte dagegen die Heraufsetzung der Sprachanforderungen als ein Beispiel dafür, dass einige Regelungen des Gesetzentwurfs "unnötig restriktiv am bisherigen nationalen deutschen Recht entlang ausgestaltet wurden". Jelpke kritisierte, mit dieser Erhöhung der Sprachhürden vor der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis würden "wieder einmal bildungsbenachteiligte Migrantinnen und Migranten und ältere Menschen, die Schwierigkeiten mit dem Erlernen der deutschen Sprache haben, benachteiligt". Für Kilic widerspricht es "nachhaltiger Integrationspolitik", dass das Sprachniveau für eine Niederlassungserlaubnis bei Familienangehörigen von Deutschen von "einfachen" auf "ausreichende" Kenntnisse angehoben werden soll. Außerdem erschwere der Gesetzentwurf Kindern von Flüchtlingen den Nachzug, bemängelte er. Ähnlich wie Jelpke verwies er darauf, dass es für viele Flüchtlinge bereits heute schwierig sei, die geforderten Abstammungsdokumente vorzulegen.